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Ungewöhnlicher Nachwuchswettbewerb



 
 

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Talentsuche in großem Format

Die drei großen Opernhäuser in den Niederlanden haben sich zusammengeschlossen, um zum ersten Mal den Dutch Opera Design Award auszurufen. Gesucht werden junge, talentierte Kreative, die Bühnenbild und Kostüme entwerfen. Der Clou: Die so gestaltete Ausstattung wird tatsächlich in einer Inszenierung zu sehen sein.

Die Opernlandschaft in den Niederlanden wirkt eher karg. Da gibt es in Amsterdam De Nederlandse Opera mit festem Sitz im Muziektheater. Die Fläche wird im Norden überwiegend von De Nederlandse Reisopera mit Sitz in Enschede und im Süden bevorzugt von der Opera Zuid mit Sitz in Maastricht versorgt. In den vergangenen Jahren brachten erhebliche Kürzungen staatlicherseits die ohnehin nicht üppig ausgestatteten Häuser weiter in Bedrängnis. Die Reisopera musste als letzte Institution ihr Ensemble aufgeben. Erschwerend kam hinzu, dass 2013 das Limburg Symphonieorchester und das Brabant Orchester zur Philharmonie Zuidnederland fusionieren mussten, deren Leitung ab 2016 Dmitri Liss für drei Jahre übernehmen wird. Umso eindrucksvoller, dass die Verantwortlichen mit immer neuen Mitteln auch um die Nachwuchsförderung kämpfen.

„Alle drei sind sehr begeistert, jungen Talenten Chancen zu geben und junge Künstler zu fördern. Wir haben immer guten Kontakt gehabt und haben uns entschlossen, eine gemeinsame Produktion mit jungen Talenten zu machen: Il matrimonio segreto mit einem Wettbewerb für Bühnen- und Kostümbildner. Wir denken, das wichtige Signal zu geben, dass alle drei Opernhäuser ein gemeinsames Ziel haben, nämlich Talentförderung“, sagt Peter van der Leeuw, der im Haus an der Amsterdamer Waterlooplein für die jungen Talente verantwortlich ist. Ihm gehe es nicht, betont er, um kurzfristige Ideen, sondern um die strategische Förderung von Sängern, Dirigenten, Regisseuren, Bühnen- und Kostümbildnern oder Dramaturgen. So finden in Amsterdam regelmäßig Workshops und Meisterkurse statt, um die Entwicklung neuer Talente voranzutreiben.

Derzeit organisiert van der Leeuw den Dutch Opera Design Award, der von den drei Opern zum ersten Mal ausgerichtet wird. Oft scheitern richtig gute Ideen einfach daran, dass sie nicht umgesetzt werden, weiß Klaus Bertisch, der Dramaturg, der den Wettbewerb mit betreut. „Wir suchen Kontakt zu den Ausbildungsinstituten, aber auch zu erfahrenen Bühnen- und Kostümbildnern, deren Schüler oder Assitenten sich bewerben können, wenn sie den Schritt in die Umsetzung ihrer eigenen kreativen Ideen wagen wollen. Und wenn man vom ewigen Assitentendasein weg will, muss man diesen Schritt auch tun!“ Mit solch klaren Worten lädt Bertisch Menschen ab dem Geburtsjahrgang 1979 ein, für Domenico Cimarosas Il matrimonio segreto Bühnenbild und Kostüme zu entwickeln.In einem mehrstufigen Wettbewerb sollen möglichst viele Kreative um die beste Lösung ringen. „Quereinsteiger sind sicher willkommen, aber eine Altersgrenze muss sein, denn sonst ist man ja kein ‚junges’ Talent mehr. Und jeder Profi kennt sicher jemanden, der etwas kann, aber nicht zum Zuge kommt. Doch die Voraussetzungen müssen für alle gleich sein. Jeder, der den Mut hat sich zu bewerben und die Bedingungen erfüllt, sollte sich nicht scheuen“, ermuntert Bertisch und verweist gleichzeitig darauf, dass es hier nicht darum geht, schon vorher festgelegte Beziehungen zu anderen Institutionen mit Preisen zu bedenken.

Entscheidungen fallen im Team

Letztlich wird sich eine Jury, die sich aus den Intendanten der Opernhäuser, der Regisseurin und zwei Designern zusammensetzt, unter sieben Finalisten entscheiden, wessen Bühnen- und Kostümbild das Rennen macht. Monique Wagemakers ist die Regisseurin der Inszenierung, die im Frühjahr des folgenden Jahres ihren Weg auf die Bühne finden wird. Sie freut sich schon auf fantasievolle Einsendungen, weiß aber auch, dass zwischen Kreation und Realisation Welten klaffen können. „Ich bin sicher, dass junge Bühnen- und Kostümbildner neue Ideen finden und interessante Entwürfe präsentieren werden. Ich hoffe, dass die Teilnehmer an diesem Wettbewerb mit viel Phantasie und Humor an die Sache herangehen und sich inspirieren lassen. Aber man darf von Bühnenbildnern auch erwarten, dass die Entwürfe, die sie einreichen, einigermaßen durchführbar sind“, mahnt Wagemakers. Mit den Finalisten will sie in den Dialog eintreten. „Mit den sieben Finalisten werde ich mich noch individuell über das eingereichte Konzept unterhalten und konkret auseinandersetzen. Man darf zunächst träumen, muss diese Träume dann in der Arbeit auch an der Realität messen. Es soll ja zu einer Aufführung kommen und nicht Fantasie bleiben. In der gemeinsamen Arbeit wird sich dann erweisen, ob es noch Anpassungen geben muss, so wie das bei der Zusammenarbeit in einem Team immer der Fall ist“, sagt sie.

Der Anfang ist gemacht

Wie auch immer die Bühne aussehen wird, schon jetzt steht fest: Die heimliche Ehe des Komponisten Cimarosa wird ein Fest der Jugend werden. Im Graben wird das Niederländische Jugendorchester Platz nehmen und „im Juni dieses Jahres werden wir junge Sängerinnen und Sänger bei einem Vorsingen auswählen“, sagt van der Leeuw, der auch die Zukunft schon fest im Blick hat. Denn der Dutch Opera Design Award soll keine Eintagsfliege bleiben. „Wir haben sicher vor, diesen Wettbewerb zu wiederholen. Ich denke, es ist realistisch, alle zwei oder drei Jahre einen solchen Wettbewerb zu organisieren. Für das nächste Mal kann ich mir vorstellen, einen Wettbewerb für ein komplettes Konzept für Regie, Bühnen- und Kostümbild auszuschreiben.“ Auch die Kooperation der drei Opernhäuser soll nach einer erfolgreichen Inszenierung von Il matrimonio segreto fortgesetzt werden.

Bis es dazu kommt, steht aber erst mal die Ausschreibung für den ersten Nachwuchswettbewerb für Bühnen- und Kostümbildner an. Ende Mai läuft die Bewerbungsfrist ab.

Michael S. Zerban, 19.3.2015

 


Jury-Mitglied Wolfgang Gussmann hat
dieses Bühnenbild entworfen. Jetzt will
er sehen, was der Nachwuchs kann.


Peter van der Leeuw ist Talentförderer
der Oper in Amsterdam. Derzeit ist er
mit der Ausrichtung des Dutch Opera
Design Award beschäftigt.

Dramaturg Klaus Bertisch und
Regisseurin Monique Wagemakers
kümmern sich um die künstlerische
Seite der Umsetzung.


Miranda van Kralingen, Intendantin
der Opera Zuid, hat sich nicht nur mit
ihren Kollegen Pierre Audi von De
Nederlandse Opera und Nicolas
Mansfeld von der Reisopera für den
Wettbewerb stark gemacht, sondern
sitzen auch in der Jury.