Opernnetz

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Aktuelle Aufführungen

Liebestod im Kloster

LA FAVORITE
(Gaetano Donizetti)

Besuch am
2. Dezember 2015
(Premiere)

 

 

Deutsche Oper Berlin

La Favorite ist eine von Gaetano Donizettis großen, für Paris komponierten Opern. Dort erlebte sie 1840 ihre erfolgreiche Uraufführung und gehörte bis zur Jahrhundertwende zum Repertoire. International und auf Tonträgern aber setzte sich das Werk in der italienischen Fassung als La Favorita durch. Erst in letzter Zeit besinnt sich die Opernwelt wieder auf das Original. So in Salzburg 2014 bei zwei Aufführungen von La Favorite mit Elina Garanča und Juan Diego Flórez. Die lettische Sängerin ist auch der Trumpf der Vorstellungsserie an der Deutschen Oper, wo das Werk im Dezember dreimal in konzertanter Form gegeben wird.

Léonor, die titelgebende Favoritin, ist die Mätresse des kastilischen Königs Alphonse XI. Ihre Liebe zu dem Novizen Fernand wird dem Paar zum Verhängnis, als der Regent aus Eifersucht die beiden durch eine Intrige auseinander zu bringen versucht. Léonor flüchtet in das Kloster, in das Fernand zurückgekehrt ist, und stirbt in seinen Armen. La Favorite vereint italienischen Belcanto mit Elementen der französischen Grand Opéra. Es gibt Balletteinlagen, die allerdings in Berlin gestrichen sind, zwei machtvolle Aktfinali, groß angelegte Arien und Duette ohne virtuoses Zierrat. Pietro Rizzo dirigiert Donizettis Partitur sehr kompakt, setzt wenig auf Transparenz und das Aufspüren von instrumentalen Farben. Dass sich dynamische Schattierungen mit Klangfülle durchaus verbinden können, demonstriert wiederum der von William Spaulding einstudierte Chor der Deutschen Oper. 

POINTS OF HONOR
Musik
Gesang
Regie
Bühne
Publikum
Chat-Faktor

Elina Garanča ist eine in jeder Hinsicht überwältigende Léonor. Schon ihre hoheitsvolle Erscheinung prädestiniert sie für diese Paraderolle dramatischer Mezzosopranistinnen, mit der sie ihr Fach vorsichtig in Richtung Verdi erweitert. Und sie tut es mit Aplomb. Wunderbar geformte Kantilenen, ein ungemein kultivierter Vortrag, gepaart mit expressivem Ausdruck und Strahlkraft in der Höhe, machen ihre Léonor zu einer stimmlichen Offenbarung, die in ihrer großen Arie O mon Fernand einen Höhepunkt findet. Nach der Absage von Joseph Calleja fehlt ihr der ebenbürtige Tenorpartner. Marc Laho singt den Fernand grundsolide, aber ohne Grandezza und besonderes Charisma. Vielleicht liegt es daran, dass er so wenig eigenes Profil entwickelt, weil er erst nach der Generalprobe anreisen konnte. Stark trumpft dafür Florian Sempey auf, der dem König mit mächtigem Bariton fast diabolische Züge gibt. Ante Jerkunica ist ein würdevoller Klosterprior mit erzenem Bass, Elena Tsallagova macht als Vertraute Inés nachdrücklich auf ihren liebreizenden, jugendfrischen Sopran aufmerksam.  

Foto © Bettina Stöß

Großer Beifall für alle Mitwirkenden, besonders für Elina Garanča in der fast ausverkauften Deutschen Oper. Belcanto-Freunde können sich schon auf das nächste Ereignis freuen. Im Februar kommenden Jahres folgt am gleichen Ort Bellinis I Capuleti e i Montecchi mit Joyce DiDonato als Romeo.

Karin Coper