Opernnetz

Kulturmagazin mit Charakter

Foto © Matthias Baus

Aktuelle Aufführungen

Manon geht zum Film

MANON LESCAUT
(Giacomo Puccini)

Besuch am
4. Dezember 2016
(Premiere)

 

 

Staatsoper Berlin

Als letzte Premiere des Jahres an der Staatsoper Berlin wird die erste erfolgreiche Oper von Giacomo Puccini gezeigt.  In einer Koproduktion mit dem Michailowski-Theater in St. Petersburg versetzt Jürgen Flimm die Geschichte der Manon Lescaut in das Hollywood der „Roaring Twenties“, als die Gattung Film das Laufen lernte.

Manon ist ein ambitioniertes Starlet, will ganz groß bei den Sunset Motion Pictures herauskommen. Ehrgeizig, wie sie ist, wählt sie Geronte als Liebhaber, der hier als Produzent auftritt, vorangetrieben von ihrem Agenten Lescaut. Pech, dass sie sich in den Kleindarsteller und betrunkenen Verlierer Des Grieux verliebt. In Flagranti ertappt und verurteilt, finden sich die Liebenden auf einem verlassenen Film-Set wieder, die große Depression hat eingesetzt. Zerknüllte Skriptblätter liegen auf der tiefdüsteren Bühne, und müde Bühnenarbeiter schieben als einzige Zeugen der ehemaligen Traumfabrik die letzten Apparate herum. Manon und des Grieux sind Opfer des Systems. Nur das trostlose Licht einer kahlen Theaterlampe bleibt am Ende an.

Das Bühne-in-Bühne-Konzept von Designer George Tsypin lässt uns sowohl hinter die Bühne sehen wie auch auf die Aktion auf dem Set, komplett mit echtem Auto, was sich immer gut macht. Der Video-Künstler Robert Pflanz erzählt mit seinen Projektionen die Realität – visuelle Zitate aus der Zeit wie auch die Aufnahmen der Hauptdarsteller – immerhin sind wir ja in Hollywood. Kostüme von Ursula Kudrna sprühen von Fantasie – Manon als femme fatale in Pelz und Seide, der Chor in einer Vielzahl an Komikfiguren – Hasen, glitzernde Stripper-Girls, Men in Black und vielerlei mehr.

POINTS OF HONOR
Musik
Gesang
Regie
Bühne
Publikum
Chat-Faktor

In ihrem Debüt an der Staatsoper gibt Anna Nechaeva der Manon alles, was man sich von dieser Partie wünschen kann: Eine sinnliche Ausstrahlung, ein großer, geschmeidiger Sopran mit exzellenter Technik, lässt aber nicht tiefer in den Charakter einblicken. Da wirkt der Des Grieux von Riccardo Massi zwar stimmlich blass und unsicher, überzeugt dafür aber schauspielerisch. Dagegen sind Roman Trekel als Lescaut und Franz Hawlata in der Rolle des Geronte ebenbürtige Partner. Der von Frank Flade einstudierter Chor ist spielfreudig, wenngleich auch etwas alleingelassen von der Regie.

Foto © Matthias Baus

Der Erfolg von Manon Lescaut basiert auf den großen Gefühlen, die in der Partitur vom Orchester ausgedrückt werden. Unter der Leitung von Mikhail Tatarnikov klingt das Orchester an diesem Abend aber eher wie ein lauter Filmsoundtrack, ohne Höhepunkte.

Höflicher Applaus für eine Produktion, von der man mehr erwartet hat, als „nur“ unterhaltend zu sein.  

Zenaida des Aubris