Opernnetz

Kulturmagazin mit Charakter

Alle Fotos © Claudia Heysel

Aktuelle Aufführungen

„Aber ich bin ein Mann!“

SUGAR – MANCHE MÖGEN'S HEISS
(Jule Styne)

Besuch am
8. November 2015
(Premiere am 30. Oktober 2015)

 

 

Anhaltisches Theater Dessau

Man kann gar nicht anders. Man muss an Billy Wilders unverwüstliche Filmkomödie mit Kultstatus  von 1959,  Some like it hot, denken, wenn  man auf der Bühne des Anhaltischen Theaters Dessau  als rasante Szenenfolge die Verwandlung der beiden Musiker Joe und Jerry in  Josephine und Daphne  und ihr Untertauchen in einer  Damenkapelle auf der Flucht vor einer Gangster-Gang erlebt. Vieles erinnert an die Filmszenen: Das Blutbad in der Garage, das Joe und Jerry beobachten, der erste Auftritt als Daphne und Josephine mit Bass und Saxofon auf dem Bahnhof,  die hinreißend gespielte nächtliche Party im Schlafwagen  und natürlich die Begegnung  zwischen Sugar und Joe als Millionär am Strand.

Moritz Nitsche hat mit viel Liebe zum Detail die technischen Möglichkeiten der Bühne genutzt und ein stimmungsvolles Ambiente für diese Komödie geschaffen. Und obwohl man immer wieder an die Filmszenen erinnert wird – es ist und bleibt Theater, und gerade das macht die Aufführung so sehenswert. Die wunderschönen Kostüme im Stil der 1920-er Jahre von Judith Fischer sind dabei eine Augenweide. Johannes Weigand  vereint in seiner Inszenierung Künstler aus allen Sparten,  und man staunt abermals , wie Chorsolisten, Tänzerinnen und Tänzer, Schauspieler und Sänger  auf der Bühne singen, tanzen, steppen, spielen . Die Inszenierung lebt von der Lust und Laune, von der Spielfreude aller Akteure.

POINTS OF HONOR
Musik
Gesang
Regie
Bühne
Publikum
Chat-Faktor

Wolfgang Kluge und Mitglieder der Anhaltischen Philharmonie treffen ganz genau den Sound von Jazz, Swing, Foxtrott und Boogie-Woogie. Für den Erfolg dieser turbulenten Geschichte, dem Hin und Her zwischen den Geschlechtern, des steten Rollenwechsels stehen die wunderbare Annika Boos als Sugar mit jeder Menge Sexappeal, Patrick Rupar als  Joe und Patrik Cieslik als Jerry alias Daphne. Ein besonderes Kabinettstückchen liefern Cieslik als Daphne und Gerald Fiedler als Millionär Sir Osgood Fielding, bei dem sich Jerry als Daphne in einen wahren Rausch der Gefühle als Frau hineinsteigert und sich mit dem Millionär verlobt. Und das zur selben Zeit, da Sugar Joe als vermeintlicher Millionär nach allen Regeln der Kunst von seiner Kussblockade heilt und verführt. Dass dabei auf der Bühne der Riesenbug der Yacht von Sir Osgood Fielding erscheint, ist ein besonderer Höhepunkt.

Patrick Rupar als Joe/Josephine, Annika Boos als Sugar Kane und Patrik Cieslik als Jerry/Daphne - Foto © Claudia Heysel

Illi Oehlmann als Chefin der Girls-Band Sweet Sue und Karl Thiele als Band-Manager Bienstock agieren mit viel Spielfreude, und als Gangsterboss Spats Pallazzo steppt sich Joe Monaghan mit seinen Kumpanen durch die Unterwelt Chicagos. Natürlich gibt es als den musikalischen Höhepunkt den berühmten Monroe-Song I wanna be loved by you, und Annika Boos als Sugar legt in diesen Song nicht nur Emotionen, sondern auch die Sehnsucht nach ein  bisschen Glück hinein. Und Glück hat sie zum Finale, auch wenn ihr Millionär nur ein arbeitsloser Saxophonist ist. Nach etwas mehr als zwei Stunden ist es dann soweit:  Sir Osgood Fielding lässt sich von seinem Heiratsantrag nicht abbringen, obwohl sich Daphne immer rigoroser bis zum finalen Einwand Aber ich bin ein Mann! demaskiert.

Es folgt der berühmteste Satz der Filmgeschichte Nobody is perfect, der auch zum Schluss der Aufführung am Anhaltischen Theater Dessau fast  im Jubel des Publikums untergeht.

Herbert Henning