Opernnetz

Kulturmagazin mit Charakter

Foto © Falk von Traubenberg

Aktuelle Aufführungen

Trotziger Luxus

SALOME
(Richard Strauss)

Besuch am
12. November 2016
(Premiere)

 

 

Landestheater Linz

Sie trägt silberne Leggins, einen weißen Galauniformrock, geglättete, weißblonde, teils blau eingefärbte Haare und eine Puppe, mit der sie spielt, redet und der sie zu trinken gibt: Die Titelfigur aus Salome von Richard Strauss am Linzer Landestheater ist ein verwöhnter, trotziger Luxus-Teenager von Heute, der alles hat und alles bekommt. Und genauso benimmt sie sich auch. Und sie versucht, auch erotisch zu sein, wenn sie sich etwa vor Johanaan am Boden mit gespreizten Beinen lasziv räkelt. Nur wirkt das ebenso wie der sehr banale Schleiertanz, bei dem sie sich ein bisschen an den Säulen reibt, sonst eher planlos herumsteigt und der eher wie eine jugendfreie Parodie aussieht, nur bemüht.

In einem heutigen Endzeitszenario einer dekadenten Herrscher-Elite setzt Marc Adam seine nicht immer ausgefeilte Inszenierung an. Denn bei manchen Szenen wirken die Personen unentschlossen und sich selbst überlassen. Die biblische Geschichte spielt in der Wüste vor den beeindruckenden Säulenreihen eines Protzpalastes arabischer Diktatoren, die Ausstattung stammt von Annemarie Woods, Terrasse und Pool davor sind jedoch zerstört worden, wie man in einer Videosequenz zu Beginn gesehen hat, Betontrümmer liegen herum. Hier feiert eine in feine Anzüge gekleidete, dekadente Partygesellschaft, wohingegen die Soldaten in schlampige Guerillauniformen gesteckt sind und die unterschiedlichsten Waffen tragen. Davon machen sie zum Schluss reichlich Gebrauch, denn sie erschießen nicht nur Salome, sondern auch gleich Herodias und Herodes.

POINTS OF HONOR
Musik
Gesang
Regie
Bühne
Publikum
Chat-Faktor

Dieser ist bei Paul McNamara in guten Händen. Hin- und hergerissen zwischen Geilheit und Ekel kann er gestalterisch beeindrucken. Sängerisch geht er jedoch fallweise im Orchester unter. Ausgerechnet bei der Schlüsselstelle: „Man töte dieses Weib“ versagt ihm die Stimme. Karen Robertson ist eine ideale, zynische Herodias, die diese Rolle auch szenisch köstlich umsetzt. Seho Chang, dessen Köpfung auf der Bühne hinter einer Rampe vollzogen wird, bringt für den religiösen Fanatiker Johanaan einen mächtigen, schön timbrierten Bariton mit. Jacques Le Roux singt einen wortdeutlichen, guten Narraboth. Die vielen kleineren Partien sind durchaus adäquat besetzt. Und die Titelheldin? Astrid Weber spielt ein verwöhntes, pubertierendes Luxusgeschöpf, singt ausdruckstark, stößt bei Höhen und Volumen, sie wird immer wieder zum Forcieren gezwungen, immer wieder an ihre Grenzen.

Foto © Falk von Traubenberg

Und es ist allerdings auch Dennis Russell Davies am Pult des Bruckner-Orchesters, der es den Sängern nicht immer ganz leicht macht: Der Chefdirigent lässt mit aufpeitschender Gestik immer wieder packende, wild ausfahrende Spannungsmomente und viel Klangopulenz aus dem Graben auffahren, aber teils in einer enormen Lautstärke. Er schafft es aber auch, viel Transparenz zu erzeugen und lässt schwüle und flirrende Feinheiten aufleuchten.

Zum Finale gibt es viel Applaus, am meisten für den Johanaan. Beim Erscheinen des Regieteams wird der Beifall jedoch deutlich verhaltener.

Helmut Christian Mayer