Opernnetz

Kulturmagazin mit Charakter

Foto © Michael Pöhn

Aktuelle Aufführungen

Der feine Zauber der kleinen Dinge

ARIADNE AUF NAXOS
(Richard Strauss)

Besuch am
7. März 2016
(Premiere am 19. Dezember 2012)

 

 

Wiener Staatsoper

Großmächtige Prinzessin: Es war ein geradezu sensationelles Debüt, das Hila Fahima, Ensemblemitglied der Wiener Staatsoper seit 2013 als Zerbinetta nicht nur in ihrer großen Arie absolviert. Eingesprungen für die plötzlich erkrankte Daniella Fally weiß die blutjunge und hübsche Sängerin ein perfektes, perlendes Koloraturenfeuerwerk mit allen ungefährdeten Spitzentönen zu zünden. An ihrer Wortdeutlichkeit sollte sie jedoch noch arbeiten. Dabei vergisst sie auch nicht auf ihre Komödienpräsenz im Kokettieren mit dem Buffoquartett, bei dem Manuel Walser als Harlekin und Wolfgang Bankl als Truffaldin besonders hervorstechen.

Überhaupt ist dieser Opernabend von Ariadne auf Naxos, die heuer ihren 100. Geburtstag feiert, geprägt von Absagen. Denn sowohl Krassimira Stoyanova in der Titelpartie wie auch Gerhard Siegel als Bacchus mussten krankheitsbedingt absagen. Mit Gun-Brit Barkin wurde ein beinahe gleichwertiger Ersatz gefunden. Die dunkel gefärbte Sopranistin verströmt als Ariadne betörenden Schöngesang, weiß blühende Bögen und viele Schattierungen zu formen und mit leicht geschärften, aber leuchtenden Höhen und Wortdeutlichkeit zu punkten. Da kann der eingesprungene Herbert Lippert als Bacchus nicht mithalten. Sein an sich schöner Tenor ist für die Rolle zu wenig durchschlagkräftig, und er neigt fallweise zum Forcieren. 

POINTS OF HONOR
Musik
Gesang
Regie
Bühne
Publikum
Chat-Faktor

Sonst vermag dieser eigenartige, aber reizvolle Zwitter aus ernster und komischer Oper aus der Feder des kongeniales Paares Richard Strauss und Hugo von Hofmannsthal mit Protagonisten von hoher Qualität zu begeistern: Wunderbar innige Töne findet man beim Komponisten von Sophie Koch, die etwas textverständlicher sein könnte. Jedes Wort versteht man hingegen bei Jochen Schmeckenbecher als warmstimmigen Musiklehrer. Auch die vielen kleineren Rollen sind recht gut besetzt, bei denen Norbert Ernst als Tanzmeister und die drei Nymphen herausragen. Peter Matic ist ein würdevoll arroganter Haushofmeister, der ein Kabinettstück an Schauspielkunst liefert.

Foto © Michael Pöhn

In der vorgesehenen, kleinen Besetzung von nur 36 Musikern kann das Orchester der Wiener Staatsoper auch solistisch brillieren. Unter den teilweise sehr straffen Tempi von Cornelius Meister, zeitweise wirkt die Zeichengebung etwas zu unruhig, wird immer durchsichtig und mit kammermusikalisch delikatem Raffinement, aber auch effektvoll aufrauschenden Klängen bis hin zur Schlussapotheose musiziert.

Bei der üblichen Wiener Fassung aus 1916 mit dem komponierten Vorspiel hat sich Sven-Erich Bechtolf ganz in Musik und Text vertieft: In dem schon von den Salzburger Festspielen bekannten ästhetischen Jugendstilsalon von Rolf Glittenberg, die geschmackvollen Kostüme stammen von Marianne Glittenberg, bleibt er immer dezent am Herzschlag der Handlung. Das Vorspiel strotzt ebenso wie die Buffo-Szenen der Oper zwar nicht vor Lebendigkeit. Denn Bechtolf sind das subtile Herausarbeiten der Charaktere und ihre Beziehungen zueinander wie auch die feine Ironie wichtiger. Die Oper selbst, vom reichsten Mann von Wien samt Gefolge von ansteigenden Stuhlreihen beobachtet, mit den drei zerlegten Klavieren, die die „wüste Insel“ versinnbildlichen, verströmt morbide Ruhe, unterbrochen von den buntscheckigen Komödianten, die mit Tretrollern herumsausen.

Das Publikum bejubelt vor allem die Sänger mt Zerbinetta, den Komponisten und die Titelheldin.

Helmut Christian Mayer