Opernnetz

Kulturmagazin mit Charakter

Foto © Künstlerbüro Oberlinger

Aktuelle Aufführungen

Luther als Rahmen

TAFELMUSIK
(Diverse Komponisten)

Besuch am
18. September 2016
(Einmalige Aufführung)

 

 

Festival Alte Musik Knechtsteden, Basilika

Eigentlich will die Capella de la Torre ihre Gäste im Innenhof des Kreuzganges des Knechtstedener Klosters empfangen, doch das Wetter kann sich nicht so recht entscheiden. Daher wird die Aufführung kurzerhand in die Basilika selbst verlegt, obwohl sich die Sonne kurz vor Beginn dann doch durchsetzt.

Der inhaltliche Rahmen für die Veranstaltung ist die Hochzeit Martin Luthers von 1525, die von den Musikern anhand von Werken nachgestellt wird, die durchaus damals gespielt hätten werden können. Eine gelungene Idee, da nicht nur der Gottesdienst nacherzählt wird, sondern auch die Hochzeitsfeier im Anschluss. So kann die Capella sowohl geistliche wie auch weltliche Stücke präsentieren, ohne dass ein logischer Bruch entsteht. Immer wieder erläutert die musikalische Leiterin Katharina Bäuml zwischendurch Besonderheiten der Musik der Renaissance. Dadurch erfährt das Publikum die Namen der historischen Instrumente und lernt etwas über die Komplexität polyphoner Musik oder die Herkunft der Namen vieler Komponisten. Dabei reduziert Katharina Bäuml die Informationen auf das Wesentliche und verzichtet auf musikwissenschaftliche Ausführungen, so dass die Anmoderationen kurzweilig und interessant bleiben.

POINTS OF HONOR
Musik
Gesang
Regie
Bühne
Publikum
Chat-Faktor

Im häufigen Wechsel mit Instrumentalstücken bilden die gesungenen Werke den Kern der Aufführung. Die Sopranistin Margaret Hunter begeistert durch ihre lebhafte Darbietung, die von feierlich und würdevoll bis fast schon ausgelassen feiernd die textlichen Inhalte unterstreicht und das Publikum fesselt. Die Zusammenarbeit mit dem Ensemble ist bemerkenswert einheitlich und wirkt überzeugend dynamisch.

Foto © Künstlerbüro Oberlinger

Die Capella de la Torre selbst ist hervorragend aufgestellt und versprüht die gleiche Spielfreude wie Hunter. Die Stücke werden oft ohne Mühe aneinandergereiht und trotz der dichten und anspruchsvollen Arrangements bleibt jedes Instrument gut wahrnehmbar und wird nicht verdeckt. Die Dynamik und Kommunikation zwischen den Musikern zeigt, dass hier ein sehr gut eingespieltes Team am Werk ist, dass zurecht zu den wichtigsten Ensembles für Musik aus der Zeit der Renaissance gezählt wird. Ein kleines Manko ist allerdings der unfreiwillige Umzug in die Basilika, da durch die langen Hallzeiten das Schlagwerk ein ums andere Mal den Gesang übertönt und schwer verständlich macht. Mit zunehmender Zeit stellt sich das allerdings ein. Das liegt aber mehr an Hunter, die sich der Gegebenheiten anscheinend bewusst wird und sich nach etwa einem Viertel der Aufführung deutlich besser durchsetzt.

Das Publikum ist ob des lebendigen und schwungvollen Auftritts hellauf begeistert und spendet Hunter und der Capella zum Abschluss einen langen und wohlverdienten Applaus, der auch nach der Zugabe nur unwesentlich kürzer ausfällt.

Sebastian Heuckmann