Kulturmagazin mit Charakter
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Eigentlich hat man in diesen Zeiten genug von Kriegen und Siegen, von Eifersucht, Rache und Mordgelüsten, das Libretto von Ghislanzoni Ende des 19. Jahrhunderts wirkt schon ein wenig angestaubt – wäre es nicht so aktuell. Es ist deshalb eher ein Gewinn, wenn die Inszenierung Peter Steins das historische Bild des frühen Ägyptens einfach beibehält und eine quasi historische Aufführung anbietet. Bühnengestaltung und Kostüme folgen der Strenge der Regie und präsentieren stilistisch vereinfacht, aber sehr wirkungsvoll das vorchristliche Leben am ägyptischen Hof. Geschickt setzt Ferdinand Wögerbauer für die Bühnengestaltung große Farbflächen ein, markiert das Tor zum Palast durch gleißend weißes Licht und lässt den Palast großflächig in Gold leuchten. Kaum hat sich der Vorhang gehoben, geht es fast nur noch um – Liebe! Da kommen noch ein wenig Intrigen, Machtgelüste und die Beraterrolle der Religion in Gestalt des Hohen Priesters hinzu, die überragende Hauptrolle aber spielt – Verdis Musik, wie schön.
Nach der sphärisch schwebenden Ouvertüre erklingen bald die vertrauten Töne der Arie des Radames Celeste Aida, die Fabio Sartori mit tragendem Tenor präsentiert. Stimmlich überzeugend, gibt Sartori einen verzweifelten oder triumphierenden Radames. Kristin Lewis in der Rolle der äthiopischen Sklavin hat keine Mühe, mit strahlend-dramatischem Sopran alle Seiten der unglücklich verliebten Aida bewegend auszuleuchten. Anita Rachvelishvili präsentiert mit kräftigem Mezzosopran eine machtbewusste ägyptische Königstochter Amneris. Auch die übrigen Rollen sind stimmlich und darstellerisch bestens besetzt, einige mit Solisten der Akademie des Teatro alla Scala.
Locker und intensiv führt Zubin Mehta Chor und Orchester der Mailänder Scala durch die wunderbaren Melodien Verdis. Ihm und der Tonregie gelingt es vorzüglich, trotz des stimmgewaltigen Chores die Solisten klanglich im Vordergrund zu halten. Ein theatraler Höhepunkt der Aufführung sind die Großszenen des zweiten Aktes, in dem auch der Triumphmarsch erklingt. Stein lässt in diesen von vollem Orchesterklang begleiteten Großszenen, die Macht, Herrschaft und Gottgleichheit des Menschen symbolisieren, die Machtgelüste des Menschen bis an ihre Grenze zum Wahnsinn irrlichtern. Dabei bleibt die Kamera angenehm ruhig und meist auf Halbdistanz oder in der Totalen, der Bühneneindruck bleibt durchweg erhalten.
Musik | ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Gesang | ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Regie | ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Bühne | ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Publikum | ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Kamera | ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
Ton | ![]() ![]() ![]() ![]() ![]() |
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Die ergreifende Schlussszene, das Finale ultimo gehört allein dem Duett von Radames und Aida. Der Grabesstein, für das liebende Paar als Gefängnis gedacht, wird für Amneris zum unüberwindlichen Hindernis, das weder ihre Macht als Königstochter noch ihre Liebe aus dem Weg räumen kann. Sie scheitert in einem doppelt tragischen Sinne.
Regisseur Peter Stein und der Produktion der Mailänder Skala ist mit dieser Aida eine Aufzeichnung gelungen, mit der in diesen dunkel-tristen Tagen ein sehr schöner Opernabend auch am heimischen Kamin gelingen kann.
Horst Dichanz