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Auf Schneckentempo eingestellt


Nach der Welturauff�hrung von Verdis rekonstruierter Oper "Gustavo III" in G�teborg im Jahre 2002 inszenierte Anthony Pilavachi jetzt auch die Deutsche Erstauff�hrung in Darmstadt (siehe hierzu den Premierenbericht auf Opernnetz.de). Im Backstage-Interview gibt der auf Zypern geborene Regisseur Auskunft �ber die pers�nlichen Grunds�tze seiner Regiearbeiten.


Opernnetz: Nach welchen Kriterien w�hlen Sie Ihre Inszenierungs-Projekte aus: ist es das Prinzip des �besten Angebots�, ist es die Vorstellung von �dem Haus�, in dem Sie arbeiten werden, oder verfolgen Sie die Realisierung eines k�nstlerischen Konzepts?

Anthony Pilavachi: Die Wahl der Inszenierungen h�ngt zuallererst davon ab, ob das St�ck und der Komponist mich interessieren oder ansprechen, welche S�nger mitwirken und vor allem welcher Dirigent am Pult steht. Falls ich S�nger und Dirigent nicht kenne, besuche ich einige Vorstellungen um sicher zu sein, ob man einen gemeinsamen Nenner finden kann. Deswegen habe ich gro�en Theatern und Festspielen manchmal abgesagt zu Gunsten von mittleren H�usern. Ich muss absolut �berzeugt sein von dem, was ich tue. Deswegen ist meine Karriere trotz zwanzig Jahren Berufserfahrung auf ein Schneckentempo eingestellt. Das k�nstlerische Konzept und seine Wirkung auf das Publikum existieren selbstverst�ndlich - aber deren Kriterien sind mein Geheimnis!

Opernnetz: Was sagen Sie zu der vielfach als Provokation empfundenen Frage �Warum erz�hlt er uns die Geschichte?� nach eigenen Inszenierungen?

Pilavachi: Diese Frage ist die Basis des Theaters und der Kunst, seit es so etwas �berhaupt gibt. Es ist die menschliche Erinnerung an Glaube, Angst, Trauer, Freude, Tr�ume, Symbole, Br�uche, Liebe und Tod, sei es physisch oder metaphysisch. Auch die abstrakteste Produktion basiert auf solchen Erinnerungsprozessen: Oberfl�che und Tiefe vereint im Visuellen oder durch die daraus entstehende Atmosph�re. Der Opernregisseur als solcher ist Botschafter des Komponisten und seiner Gedanken oder sollte es zumindest sein. Und wie die musikalische Komposition, die je nach Komponist und Zeit unterschiedlich ist, sollte auch die Ausstattung sein. Handschriften erkennt man an der Art der Erz�hlung und der Personenf�hrung.

Opernnetz: Wie wollen Sie Ihre Kommunikation in der Probenphase charakterisieren � mit Intendanten, Dramaturgen, B�hnenbildnern, Fotografen, dem S�ngerensemble, dem Dirigenten?

Pilavachi: Die Kommunikation in der Probenphase ist der wichtigste Punkt �berhaupt. Die Kommunikation f�ngt schon Monate vorher an bei Abschluss eines Vertrages und seiner finanziellen wie dispositionellen Bedingungen. Alles wird im Voraus mit dem eigenen Team und allen Abteilungen und Mitarbeitern des Theaters vorbereitet und besprochen. W�hrend der Probephase werden dann die unvorhergesehene Probleme gel�st: es gibt am Theater nichts Unl�sbares. Und Kompromisse, die k�nstlerisch nicht schaden, sind st�ndig gefragt. Probleme entstehen meistens durch Inkompetenz, �berforderung und fachliches Unwissen - oder besser gesagt: Faulheit und Lustlosigkeit von Intendanten, Dirigenten, Disponenten, Solisten, Repetitoren, Chordirektoren, Ch�ren, technischen Direktoren, Technikern und Werkstattmitarbeitern. Deswegen ist vor Abschluss eines Vertrages eine gr�ndliche Information bei Kollegen, die bereits an einem Theater gearbeitet haben, immer sehr produktiv. Es handelt sich immer um Teamarbeit f�r das Publikum, das daf�r zahlt. Ein schlampiger technischer Ablauf des Abends zum Beispiel kann die Jahre bzw. Monate lange Arbeit von hunderten von Leuten auf einmal vernichten. Genau wie Alexander der Gro�e oder Napoleon, ist ein Regisseur abh�ngig von seinen Mitarbeitern. Die besten Theater und deren Produktionen existieren wegen dieses fast perfekten Systems eines Uhrwerks. Eines muss jedem bewusst sein: Jede Produktion ist etwas Besonderes und nicht blo� ein Spielplanf�ller.

 

 


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