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Foto: © Mara Eggert |
Shakespeare meets Ubu
Schostakowitschs "Lady Macbeth von Mzensk" an der Komischen Oper Berlin
Eruptiv, grell, bisweilen brachial, dann schmelzend - so intensiv spielt
unter Vassily Sinaiskys Leitung das Orchester der Komischen Oper Berlin.
Und Hans Neuenfels hat das St�ck, das f�r Schostakovitsch zeitlebens ein
Trauma war, weder historisierend inszeniert noch auf Biegen und Brechen
"modernisiert": Es bleibt in einem poetischen, auf vielerlei Gegenwart
�bertragbaren Raum. Stalin war die genialische Oper zu wenig politisch
korrekt, sie entsprach nicht dem realsozialistischen Menschenbild; so
lie� er sie verbieten und den Komponisten sich zeitlebens verbiegen.
Die Komische Oper hat deshalb v�llig recht, nicht auf die sp�te, ges�uberte
Fassung "Katerina Ismailowa", sondern die ziemlich schmutzige erste zur�ckzugreifen,
die durchaus zitathaft ist und selbst das travestite Couplet nicht scheut
- von einem Popen gesungen. Da fliegen einem schon mal die Ohren weg.
Sinaisky arbeitet die Ankl�nge deutlich heraus, unverkennbar fr�he Drei�iger
Jahre, unverkennbar bisweilen Alfred Jarry, dann aber auch deutlich Tschaikowsky,
seltener ein sp�ter Mahler-Klang. Man tobt auf der B�hne, man wird hysterisch,
�ber die Psychologie fegt die Handkante hin.
Die Brutalit�t dieses Ansatzes macht die Handlung letztendlich glaubw�rdig,
auch wenn das deutschsprachige Libretto hie und da den Kalauer nicht scheut.
Was zu unterdr�cktem Lachen im Publikum f�hrt - ziemlich gut, weil jeder
merkt (und sich deshalb beherrscht), dass es ja eigentlich um eine Trag�die
geht, vielleicht sogar ein Lehrst�ck in Sachen Patriarchat. Man hat imgrunde
nichts dagegen, dass die Ismailowa mordet. "Jetzt bist du mein Mann",
singt sie ihren Geliebten Sergej nach dem zweiten Mord an, und die Musik
untermalt das mit ergreifendem, freilich sehr kurzem Pathos.
Dem schnellen Genre-Wechsel in Szene und Partitur wird Neuenfels - diesmal
ohne jede modische Anspielung wie 2003 in Neuenfels' Deutscher Oper "Idomeneo"
- ausgesprochen gerecht. Vor allem mit seinem Einfall der Hexen, die an
Shakespeares Macbeth gemahnen. Hier werden sie von drei halb erotischen,
halb d�monischen T�nzern dargestellt (meine Begleiterin war, kann man
sagen, bis in die Zehen von den Dreien erotisiert). Kurz nachdem diese
Hexen - eine bedr�ckende, wirklich unheimliche Szene - blutkauend ins
Publikum starren, lassen Sie sich von der Ismailowa mit je einem Geldschein
bestechen, den sie sich in die Taschen stecken.... Kaum ein Bild, das
so sehr vorzeichnet, was in dieser Oper strukturell passiert.
Mit Andreas Conrad hat die Inszenierung einen ausgezeichneten, so hell
singenden Sinowi Ismailow, dass man seine Impotenz schon glauben mag.
Der sch�ne Bass Jens Larsens gibt einen Schwiegervater, dessen Pantoffeligkeit
sich ziemlich schnell als ein maskierter Sadismus erweist, der nicht nur
die Ismailowa verh�hnt, sondern wahrscheinlich die Impotenz des Sohnes
verschuldet hat. J�rgen M�ller, fast immer in reinem Belcanto, kriegt
einen schmierigen Belami ausgezeichnet hin, der sich nicht einmal zu schade
daf�r ist, der zum Tod verurteilten alten Geliebten die Str�mpfe zu nehmen,
damit die neue nicht friert.
Anne Bolstad schlie�lich, schon vom Typ hysterisch-leptosom-getrieben
("Ich kann nicht schlafen", singt sie zu Anfang und dr�ckt sich die Hand
zwischen die Beine), ber�hrt in ihrer Lust, endlich einmal wem zu verfallen
und dann die Grenzen, alle, �bertreten zu k�nnen. Sie singt das mit identifizierender
Kraft, was dem oft ins Groteske wegkippenden St�ck ausgesprochen bekommt
und dar�ber hinweghilft, dass das Melos der russischen Sprache mit der
unseren kaum kompatibel ist. Doch schreibt die lange, gute Tradition des
Hauses den deutschen Text halt vor. Spannend. (anh)
Karten unter (030) 47 99 74 00
Musik |
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Gesang |
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Regie |
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Bühne |
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