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DIE TOTE STADT
(Erich Wolfgang Korngold)

Nachtrag:
31. Januar 2004


Deutsche Oper Berlin



Fotos: © Detlef Kurth



Aus Masken Seelen geschält -
Eine Oper erwacht zum Leben


Es lohnt sich allemal, mehrfach in Inszenierungen hineinzugehen, da sie sich bisweilen wie Lebewesen entwickeln, der Charakter formt sich erst allm�hlich, der K�rper konturiert sich, der Pubert�tsspeck f�llt ab... solange jedenfalls gearbeitet wird, "an sich gearbeitet", w�rde man beim Menschen sagen, und nicht Routine eintritt, die f�r uns Menschen der Alltag ist.

Arlauds Inszenierung ist nun in dieser dritten Vorstellung nicht besser geworden, man bleibt damit konfrontiert, dass der Regisseur seine Hauptfigur denunziert und zum Bretterkasper macht, dass seine bisweilen marode Personenf�hrung nur dort �berzeugt, wo v i e l e auf der B�hne sind; Konzentration auf ein Thema und nur einen oder zwei Protagonisten, die leiden, liegt ihm einfach nicht, gleichzeitig muss er fast zwanghaft jede musikalische Volte aus- und �berillustrieren. Da hat es Stephen Gould, der Paul dieser Inszenierung, beschissen schwer, zu einer klaren, nicht sentimentalen Gestaltung seiner Partie zu gelangen.

ABER: In dieser dritten Auff�hrung hat Gould das Meisterst�ck vollbracht, seiner Stimmf�hrung eine Seele zu verleihen, die seinem Spiel vom Regisseur geradezu verboten wurde. Die Augen zu schlie�en, nur zu h � r e n, ist angesagt, ja wird zum Pflichtteil jedes Besuchers. Aber nicht nur den leidenden Paul betrifft dies; sondern was nahezu alle S�ngerinnen und S�nger innerhalb einer einzigen Woche an Intensit�t des Spieles und musikalischer Glaubw�rdigkeit gewonnen haben, ist kaum auszudr�cken.

Wo ich noch bei der Premiere dieses l�stige, klebrige Gef�hl entfremdeter Personen hatte, die niemals oder nur in den Revueszenen des Zweiten Bildes ganz bei sich sind, weil sie eben auf ihre bl�den, unorganischen Regieanweisungen achten mussten, �bermittelte sich mir jetzt das dr�ngende Gef�hl eines unausweichlichen traurigen Geschicks, in das eben auch die Nebenfiguren eingewoben sind: zu denken etwa an die kurze, so verlorene N�herung Franks an Brigitta ganz zu Anfang der Oper, der zaghafte Blicke und fast ein Kuss und dann doch wieder alles Abwehr, nicht inszeniert, sondern als Eigenbewegung der Psyche.

Es war, als sch�lten sich aus Masken Seelen, und zwar wollend und liebend aus dem erstickenden Klarlack ihres Inszenators hinaus: eine selbstorganisierte Emanzipation der Figuren, die vielleicht immer da wirkt, wo die Substanz eines St�ckes, hier: einer Oper, wirklich gut ist.

UND: Thielemann hat sich seine Musiker nun v�llig verb�ndet, das Orchester der Deutschen Oper folgt ihm in die gedehntesten Tempi und pl�tzlichen, wie unvermittelt hysterischen Ausbr�che, kaum gibt es mal einen Verspieler... und was das Blech ge�bt haben muss! Das polyphone Gewebe, das wagnersche Dr�uen ("Das bin ja i c h"), der ganze Revuekitsch der Zwanziger Jahre, das gute Pathos der wie unvermittelten Erkenntnis am Ende - kurz: der beeindruckende und unterdessen vollkommen zeitgem��e Synkretismus dieser Oper wird leuchtender Klang - da m�gen seiner Ver�chter von Eklektizismus reden, bis sie Lippenfussel spucken. (anh)

 

POINTS OF HONOR

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

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