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SHADOWTIME
(Brian Ferneyhough)
28. Mai 2004


9. Münchener Biennale
(Prinzregententheater)










Schreckgespenst Avantgarde

Da war sie nun also - "Shadowtime" - die mit Spannung erwartete erste Oper des britischen Komponisten Brian Ferneyhough. In Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Dichter und Literaturtheoretiker Charles Bernstein entstand ein siebenteiliges Konstrukt, das Ferneyhough selber als "Gedankenoper" bezeichnet.

Dreh- und Angelpunkt ist die Figur des Philosophen Walter Benjamin und dessen Freitod an der franz�sisch-spanischen Grenze. Diese Rahmenhandlung hat allerdings wenig Gewicht, legen es Ferneyhough und Bernstein doch viel mehr darauf an, in Benjamins Gedankenwelt einzutauchen. Kunstgriffe wie fiktive Dialoge Benjamins mit H�lderlin oder "Befragungen" historischer Figuren alias Hitler und Einstein sollen Einblicke in die Denkstruktur des Philosophen freilegen.

Dieser f�r sich schon schwer fassbare Stoff wird von Ferneyhough in eine nicht minder komplexe musikalische Form gebracht. Zahlen- und Zeitverh�ltnisse spielen dabei eine vorrangige Rolle. Beispielsweise durchmisst der Komponist in der d�ster surrealen f�nften Szene (Spiegelungen der Dunkelheit) im Schnelldurchlauf 800 Jahre Musikgeschichte. So komprimiert etwa der letzte Teil die Form von Beethovens Gro�er Fuge in 48 Sekunden. Eindrucksvolle Skizzierungen und Erl�uterungen im Programmheft sollen das Verst�ndnis erleichtern.

Doch nun zum wesentlichen Ma�stab, der an ein musikalisches B�hnenwerk anzulegen ist. Was brachte die Auff�hrung? Und da setzt bittere Entt�uschung ein, denn weder Musik noch Handlungsebene konnten sich vermitteln. 120 Minuten gleichf�rmig-z�her Klangbrei in avantgardistischer Manier ohne nennenswerte H�hepunkte waren das sinnlich wahrnehmbare Resultat dieser als H�hepunkt der Biennale angepriesenen Oper. Mittels Videoprojektion, Schattenspielen und (leider unlesbaren) Textstoffbahnen versuchte Regisseur Fr�d�ric Fisbach mit seinem Team (B�hne: Emmanuel Clolus, Kost�me: Olga Karpinsky), diesem blutleeren B�hnenwerk Leben einzuhauchen. Dieses Unterfangen war von m��igem Erfolg gekr�nt, hatte man doch wenig, was sich zur dramatischen Umsetzung anbot.

Das konnte auch die Verpflichtung der hervorragenden Protagonisten auf der B�hne und im Orchestergraben nicht retten. Die neuen Vokalsolisten Stuttgart und das Nieuw Ensemble Amsterdam unter der Leitung von Jurjen Hempel leisteten Au�ergew�hnliches.

Es bleibt abzuwarten, ob diese neue "Gedankenoper" au�erhalb des elit�ren und gesch�tzten Zirkels gewogener Festivals bestehen kann. (ecd)

 

POINTS OF HONOR

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


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