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LUCIA DI LAMMERMOOR
(Gaetano Donizetti)
3. August 2002

Opernfestspiele Dalhalla

Gastspiel der
Lettischen Nationaloper Riga

HERMETISCH


Mit Sonora Vaice ist eine vom alten Familienfluch besessene Lucia auf der riesigen B�hne zu erleben, die von Anfang an jeden kommunikativ-realen Bezug zu ihrer Umwelt verloren hat. Hermetisch fixiert, geistert sie zwischen dem teuflischen Bruder, dem egoistischen Geliebten und dem kollektiv-unbegriffenen aggressiven, verst�rten, auch mitleidenden Volk. Sonora Vaice gibt dieser hoffnungslosen Figur immensen Ausdruck, vermag die enormen Raumdimensionen zu beherrschen - auf der weitausladenden Treppenlandschaft, in G�ngen vor dem Orchestergraben, im Boot auf dem See -, alles ohne platte Diven-Attit�den: Sie spielt das unendliche Todesdrama ganz aus sich heraus, als w�re es ein Kammerspiel! Dazu singt diese junge Sopranistin mit einer solchen Inbrunst, dass den mehr als 300 Zuschauern der Atem vergeht: sie kann ihrer ausdrucksstarken Mittellage voll vertrauen, die T�ne gleiten emotional phrasiert in dunkle Tiefen, steigern sich zu leidenden, sch�rfefreien H�hen (obwohl die Finalt�ne noch etwas angestrengt wirken). Eine Lucia, die auf internationalen B�hnen ihresgleichen sucht! Ivan Choupenitch singt den Edgardo mit etwas mehr Leichtigkeit als den Erik am Abend zuvor, hat im Kern eine sch�n timbrierte Stimme, die aber zu eng gef�hrt wirkt und �berraschende Modulationen vermissen l�sst. Der Enrico von Samson Izjomuvs hat kraftvolle Statur ebenso wie der fulminante Bass Vladimir Prudnikovs als Raimondo.

Ohne den gefeierten Star des Abends m�sste sich Peteris Krilovs allerdings den Vorwurf gefallen lassen, ein pr�chtig kost�miertes (Kristine Pasternaka) Konzert als Produkt des italienischen Opernmuseums inszeniert zu haben. Doch so wirken die effektvollen Tableaus wie erforderlich aufwendige Rahmen f�r ein ungemein intensives Rollenportr�t. Die Voraussetzung daf�r bietet die requisitenfreie B�hne von Andris Freibergs, der den riesigen Raum zwischen den 60 Meter hohen Felsw�nden sparsam ausstattete und den Effekt durch Kommunikation stiftende Elemente erzielt.

Das Lettische Nationalopernorchester l�sst sich ohne Wenn und Aber auf Donizettis epochemachenden "Schlager" ein; Gintars Rinkevicius h�tte da bisweilen die Pauken etwas bes�nftigen, das Blech ein wenig zur�ckhalten und insgesamt auf mehr Piano-Intensit�t setzen sollen (doch schon der hingebungsvoll aus sich herausgehende Chor l�sst solche Versuche scheitern).

Wenn 3000 schwedische Siljasee-Urlauber - zumeist opern-unge�bt, denn Schweden ist nun mal noch kein Opern-Paradies - konzentriert mitgehen und am Ende sogar die Diva mit standing ovations ehren, dann hat der Dalhalla-Abend mit Sicherheit mehr erreicht, als sich Skeptiker tr�umen lassen, die immer nur den kulturellen Niedergang sehen wollen, wenn sie "massenhafte Spektakel" gnadenlos verurteilen. In Dalhalla dient sich die Oper nicht dem vermeintlichen Massengeschmack an. (frs)

 

 


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