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ROMEO ET JULIETTE
(Charles Gounod)
3. Juni 2004

Bayerische Staatsoper
(München)



Capulet High against Montaigu High

Man kann Andreas Homokis Inszenierung von Charles Gounods ,Rom�o et Juliette' an der Bayerischen Staatsoper zumindest in einer Hinsicht nichts vorwerfen: In den surreal �berdimensionierten, knallbunten Schulutensilien auf der B�hne (Gideon Davey) werden die Liebenden in Schuluniformen zweier rivalisierender amerikanischer High Schools der 50er Jahre tats�chlich wieder Teenager. Doch die riesigen Oktavheftchen, meterlangen Stifte und die gewaltige, zur Seite gekippte Schulbank mit Tintenfassloch, aus dem im 2. Akt Julias Balkon werden muss, geben dem hochemotionalen Geschehen leider eine k�mmerliche Playmobilm�nnchenerotik.

Homoki begreift die vielen Stillst�nde der Oper, die langen Liebesduette und Arien, als Traumwelten und trifft damit prinzipiell die Weltfremdheit zweier Verliebter zwischen starren Fronten. Doch eines begreift Homoki nicht und das l�sst die Spielkistenoptik g�nzlich scheitern: verliebte Jugendliche haben wohl pathetischere, dramatischere Tr�ume. Wer da auf dem B�hnenvorhang seinen Selbstmord in einem abrupt abbrechenden Brief ank�ndigt, dem tr�umt im Gegensatz zur Regie vielleicht von tausend Kerzen, von wallend wei�en Hochzeitskleidern, von einer verkl�rten, geheimnisvollen ersten Begegnung, von stilvollem Sterben. Er tr�umt aber sicher nicht von Peinlichkeiten wie einem Zweikampf mit Bleistift und F�ller, von denen der beste Freund und der schlimmste Feind aufgespie�t werden.

Der Sopranistin Juanita Lascarro tr�umte sicher auch nicht, am 3. Juni auf der B�hne der Staatsoper zu stehen. Eine Erk�ltung von Angela-Maria Blasi machte sie binnen weniger Stunden zur neuen Julia. Dieser immensen Herausforderung stellte sie sich auf bewundernswerte Weise, wof�r sich die freundlichen M�nchner mit tosendem Schlussapplaus bedankten. Obwohl spielerisch unbefangen, zeigten die verrutschten, engen Spitzent�ne ihre verst�ndliche anf�ngliche Nervosit�t. Doch die Kolumbianerin gewann an stimmlicher Lockerheit, so dass ihr vibratoreicher, in der Mittellage starker und weicher Sopran mit dem Hauch dunkler Farbe neben dem fabelhaften Tenor von Marcelo Alvarez bestehen konnte. Alvarez tr�gt die Partie wie einen Ma�anzug. Seine Stimme gl�nzt in den H�hen, hat R�ckhalt und Potential, trotzdem sie zu heftigen Ausbr�chen f�hig ist. Dabei beh�lt sie stets ihren lyrischen Tonfall. G�be es doch mehr solche Ten�re! An den Nebenrollen spart schon Gounod. Erw�hnenswert der �berm�tige Mezzo von Anna Bonitatibus als St�phano.

Neben den S�ngern feierte man vor allem Marcello Viotti. Der Dirigent f�hrte das Staatsorchester mit Genauigkeit und wunderbarer Klangsinnlichkeit durch die Partitur. Jeder lyrische Winkel war genauestens ausgehorcht, jede Kantilene ausgeformt, wobei Viotti daneben auch die gro�e Dramatik im Orchester sich voll entfalten lie�. Gro�er Jubel! (tv)

 

 


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