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JUHA
(Aarre Merikanto)
25. Juli 2002

Savonlinna Opernfestival


KARELIAN LOVE


Der finnische Mythos will es so: M�nner sind urw�chsige Kr�ppel, feige Machos oder johlende Gefolgsleute, Frauen sind geh�ssige Schwiegerm�tter, halb-vergewaltigte Unschuld oder willige Sklavinnen. Juha ist der alte verkr�ppelte Lumberjack, dessen junge Frau sich von dem karelischen Villain Shemeikka ver- und entf�hren l�sst. Nachdem Juha dem vermeintlichen Frauensch�nder Gliedma�en gebrochen hat, treibt ihn die Verzweifelung ins Wasser - nicht "alles tot", aber am Ende! Das war ein verdammt langer Weg aus den dark ages der Polarregion bis zu den exzellenten Resultaten der PISA-Studie.

Aare Merikantos Musik (1920) erinnert an Sibelius, verweist auf sp�tromantischen ductus, verarbeitet folkloristische Elemente und n�hert sich bisweilen den Grenzen der Tonalit�t wie Janacek - ist insgesamt opulent mit viel Schlagzeug und schwerem Blech, bleibt aber eher oberfl�chlich und kommt - wie die Romanvorlage von Juhani Aho (1911) - ohne tragische �berh�hung aus. Das Savonlinna Opernfestspielorchester spielt unter Jukka-Pekka Saraste �u�erst effektvoll, l�sst keine dramatische Steigerung verpuffen, ohne allerdings bezwingend zu wirken.

Juha Hemanus setzt als Regisseur die platten Mittel des Volkstheaters ein, besteht auf gestischen Klischees, setzt auf g�ngige Tableaus, anstatt die Qualen der Menschen vergangener Zeiten zu vermitteln.

Ein riesiger bedr�ngend-wilder Zaun beherrscht die unendlich breite B�hne vor der Mauer Olavinlinnas, doch mit nervenden b�uerlich-naiven Accessoires (T�ren, Tische, B�nke, Kinderwiegen, Spinnr�der) kommt die B�hne Heli Puustinens nie zur morbiden �sthetik, die dem St�ck sicherlich mehr Bedeutung h�tte geben k�nnen. Der Grat zwischen naturalistischem Abbild und realistischer Symbolik ist eben sehr schmal.

Das Ensemble beeindruckt mit hochimpressivem Gesang - die Stimmlagen entsprechen den Rollen in Janaceks "Jenufa" (!), der kraftvolle Bariton Jorma Hynninens, der aggressive Tenor Jyrki Anttilas, der verzweifelt-lyrische Sopran Lilli Paasikivis und der gnadenlos-herbe Alt Ritva Auvinens; doch bleiben sie in ihren Aktionen ohne regieliche Hilfe, sind ihrer Routine �berlasen und verpassen die Chancen dramatischen Ausdrucks.

Das Publikum ist mehrheitlich finnisch, mit dem topos offenbar vertraut, folgt aufmerksam und gespannt, applaudiert angemessen, am Ende jedoch durchaus emphatisch. Dickfellig ist das audience jedoch, was die Anfangszeit betrifft; man kommt g�nzlich unbefangen "zu sp�t", die Auff�hrung beginnt mit 20 Minuten Versp�tung!

�berraschung: Merikantos "Juha" (uraufgef�hrt 1963, komponiert 1922) war bereits 1976 in Hagen zu sehen; 1989 gastierte die Finnish National Opera in Essen! (frs)

 

 


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