AS SLOW AS POSSIBLE
Ein Hauch von Ewigkeit in Halberstadt
von Franz R. Stuke
24.11.2004
Die Idee wirkt bizarr:
die Kl�nge einer knapp 30-min�tigen John Cage-Komposition auf 639 Jahre
zu dehnen. Die Begr�ndung historisch, musikalisch, ja philosophisch nachvollziehbar:
1361 erklang in Halberstadt die erste Barockorgel mit 12-t�niger Tastatur;
"as slow as possible" - Cages Anweisung - f�hrt in die Unendlichkeit von
Musik und Existenz; dabei den Milleniumswechsel als Ma� f�r die Dauer zu
w�hlen - 1361 bis 2000 plus 639 - gibt Sinn.
Die Realisierung fasziniert: in der romanischen Bruchardikirche - seit 200
Jahren aufgelassen, als Schweinestall gedient, in der Bausubstanz mit elementarer
Wucht pr�sent - w�chst eine Orgel, beginnend mit einem Dreiklang aus sechs
Orgelpfeifen, der nun in Es-Dur ununterbrochen den Raum f�llt. Es ist die
wunderbare Chance der Erlebbarkeit von Spiritualit�t.
Nur: Die sakrale Architektur mit ihrem historischen Atem ist einfach nur
da, bietet aber keine Ruhe-M�glichkeiten zur intensiven Versenkung in den
Klang mit seinen spirituellen Dimensionen. Das meint: puristische musiktheoretische
Vorstellungen (mit ihren ernstzunehmenden Transformationsproblemen der komponierten
Cage-Komposition) und philosophisch-abstrakte Ideen (mit dem ebenso akzeptablen
Problem des Unendlichkeits-Paradigma) haben offenbar den kommunikativen
Aspekt ignoriert.
"Musik ist Kommunikation" - das ist mehr als ein beliebiger Gemeinplatz.
Musik als hochintensive Form menschlicher Kommunikation braucht aber auch
die angemessenen M�glichkeiten rezeptiver Wahrnehmung. Und da ist von der
verdienstvollen Stiftung noch einiges konzeptionell aufzuarbeiten, um die
Halberst�dter Burchardikirche zu einem Ort meditativ-kommunikativer Reflexion
werden zu lassen (und damit auch die wichtigen Sponsoren zu finden).
www.opernnetz.de - berichtet,
kommentiert und bietet Gelegenheit zum Feedback. Das Internet-Kommunikationsangebot
wendet sich an Opern-Fans und Opern-Profis. Im Mittelpunkt: Kontinuierliche
Berichte �ber herausragende Opern-Produktionen und den faszinierenden
Opern-Alltag.
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