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OPER KONZERTANT? KEINE FRAGE!
Oper ist das "Kraftwerk
der Gef�hle" (Boulez), vermittelt "Seelenkr�fte" (Mortier)
nicht nur durch Gesang. Andererseits: Oper ist ein "Gesamtkunstwerk"
(Wagner) und ist deshalb auch abh�ngig von Musik, Regie und
B�hne sowie den Reaktionen des Publikums. Und da zeigen sich
Kompetenz, Ernsthaftigkeit und Antizipation der konkreten
M�glichkeiten; kontrastierend erlebbar am 27./28. November
'04 in Bielefelds Oetkerhalle und im Dortmunder Konzerthaus.
Akustisch tun sich die beiden H�user wenig, wenn auch das
Dortmunder Klangwunder eher krass (??) auf alle T�ne reagiert
als die eher "besch�tzende" Raumkultur in Bielefeld. Doch
die Opern-Unterschiede sind augenf�llig:
In Bielefeld sitzt das Orchester im Graben vor den Solisten;
in Dortmund ist die konventionelle Platzierung gew�hlt: Orchester
auf dem Podium, die Solisten vor dem opulenten Klangk�rper,
mit wenig Kontakt zum Dirigenten.
In Dortmund wird "blind" gesungen; im Programmheft gibt es
zwar eine Inhaltsangabe und eine kursorische Werkgeschichte,
aber keine pr�zis-kommunkationsorientierte Auseinandersetzung
mit den emotionalen Abgr�nden von Libretto und Partitur.
In Bielefeld dagegen findet sich eine sehr konzentrierte dramaturgische
Auseinandersetzung mit den verschiedenen Schl�ssen der "Pecheurs"
In Bielefeld wird der Text unaufdringlich - lesbar auf die
R�ckwand der B�hne projiziert; in Dortmund spielt der Text
durch Nicht-Vorhandensein keine Rolle.
�ber diese unterschiedlichen Voraussetzungen f�r eine Opern-Pr�sentation
gelangt man zu einem weiteren Faktor des Opern-Erlebens:
In Bielefeld erwarten skeptische Ostwestfalen einen Opernabend,
der ihnen in einem Konzertsaal als "Ersatz" f�r das "wirkliche
Theater" vorkommt; in Dortmund ist die Erwartung klar: es
wird ein Spektakel geben, "die Gruberova" ist zu bestaunen,
alles andere ist Beiwerk, die Reaktionen sind entsprechend.
Und alle diese kommunikativen Bedingungsfaktoren sind mehr
als Rankenwerk f�r Musik und Gesang, sind sie doch existentiell-konstituierende
Variable f�r das "Gesamtkunstwerk"!
In Dortmund wird durch das Orchester ein effektvoller Bravour-Reigen
endloser Melodien pr�sentiert und Bellinis "Beatrice" als
Show-Objekt popularisiert. Dagegen l�sst das Orchester in
Bielefeld das intensive Bem�hen um eine Durchdringung der
durchaus musikalisch umstrittenen Partitur des jungen Bizet
h�rbar werden, vermittelt intensive Gef�hlswerte, ohne den
permanent vorhandenen Ohrw�rmern zu verfallen.
Das alles hat Auswirkungen auf die Performance der Solisten:
Im Dortmunder Konzerthaus wird der Weltstar Edita Gruberova
pr�sentiert; um sie herum erfahrene, talentierte, durchaus
brillante Solisten, zwischen denen es jedoch zu keinen Beziehungen
kommt. Das Bielefelder Ensemble tauscht sich durch rudiment�re
Gesten aus, singt aufeinander zu, kommuniziert archaische
Gef�hle. Und: abgesehen von der unerreichbaren Gruberova -
das Bielefelder Ensemble singt auf h�herem k�nstlerischem
Niveau, offensichtlich (auch) bedingt durch die ungleich intensive
Auseinandersetzung mit den zu vermittelnden Emotionen und
den erheblich differenzierteren �u�eren Gegebenheiten.
Das Ergebnis best�tigt den Erfolg des hart erarbeiteten Bielefelder
Konzepts: W�hrend in Dortmund ein lautes Gegr�le die Erf�llung
der selbstdefinierten Anspr�che feiert, ist in Bielefeld die
Skepsis �berwunden: emotionale Betroffenheit findet angemessenden
Ausdruck, die bewundernde Liebe zum eigenen Theater, dem �berzeugenden
Ort, der eindruckvollen Orchesterleistung, und die Begl�ckung
durch die bewegenden s�ngerischen Leistungen f�hren zu ansteigendem
Applaus nach anf�nglicher Reflexionspause, enden in standing
ovations.
Also: Oper konzertant? Das ist in der Tat keine Frage - es
kommt nur darauf an, mit welcher Umsicht die Auff�hrung konzipiert,
vorbereitet und realisiert wird! Schreiben Sie ihre Position
zu diesem durchaus brisanten Thema an.
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