Es tut immer wieder
gut, die analytische Qualit�t des kommunikationswissenschaftlichen
Paradigmas der Trias von Kommunikator-Medium-Rezipient in
praxi �berpr�fen zu k�nnen!
Der konkrete Fall: K�nnekes Operette "Der Vetter aus Dingsda"
in der Musikalischen Kom�die Leipzig. Da wurde zum Beispiel
in D�sseldorf und Dortmund die Operette postmodern verfremdet,
die Handlung in ihren zeitbedingten Vorstellungen mit der
altv�terlichen Verteilung der M�nner-Frauen-Rollen und ihrem
unreflektierten Verst�ndnis von Exotik ("Batavia") kritisch
hinterfragt und zur Freude vieler Zuschauer trefflich ironisiert.
Kommunikationstheoretisch formuliert: Die Kommunikatoren (Regisseur,
B�hnenbilder, S�nger-Darsteller) entwickeln aktuelle Vorstellungen
�ber famili�re Konflikte und deren distanziert betrachtete
Problematik - dabei immer das urspr�ngliche St�ck als zu ver�nderndes
Objekt im Auge sowie die anzunehmende Reaktion eines vorgestellten
Publikums im Kalk�l.
Das St�ck (das Medium) stellte sich als ver�nderbares Kontrukt
dar, zeitbedingt in seiner Handlungskonstellation, den vermittelten
Gef�hlswerten und den zeitgen�ssischen Vorstellungen von b�hnenwirksamen
Frauenrollen sowie der klassischen Konfrontation von scheinbar
sicherem b�rgerlichen Umfeld und deren Bedrohung aus exotischen
Welten verpflichtet. Das Publikum (die Rezipienten) fungierte
als Ansammlung von Kritik orientierten, durchaus reflektierenden
Individuen, die ihr aktuelles Weltbild w�hrend der Auff�hrung
entweder best�tigt sehen wollten oder sich zur Auseinandersetzung
mit Alternativen herausgefordert f�hlen.
Diese Analyse aus der Kommunikatorperspektive l�sst sich selbstverst�ndlich
aus der Medium- bzw. der Rezipientensicht variieren, doch
wird deutlich: Ausl�send f�r den Kommunikationsprozess sind
die Intentionen der Kommunikatoren mit ihrem Bild vom Publikum
und ihrer Sicht auf die "Nutzung" des Mediums.
So funktioniert der Prozess �ffentlicher Kommunikation - es
sei denn, man f�hrt die theoretisch durchaus begr�ndbare Vorstellung
ein, dass das Kommunikatorhandeln entweder durch das Medium
oder durch die Rezipienten bestimmt wird. Die Leipziger K�nneke-Produktion
best�tigt diesen approach in interessanter Variation: Bei
den Kommunikatoren besteht offensichtlich ein Bild vom Publikum,
das sich ein "originales" Werk w�nscht, nicht mir distanzierender
Analyse konfrontiert werden will und ein entlastendes Erlebnis
erwartet - sowie eine Vorstellung vom "Medium", das seiner
historisch bedingten Eigengesetzlichkeit folgt und nicht Objekt
der Verfremdung werden darf.
M�gen Theoretiker der Operette - ausgehend von Offenbachs
frecher Gesellschaftskritik, der "goldenen" Wiener Epoche
mit opulenten Emotionen, der "silbernen" Phase mit versteckten
kritischen Aspekten und der "modernen" Operette K�nnekes oder
Abrahams mit provozierenden Anachronismen - das Genre durch
sein gesellschaftskritisches Potential aufwerten wollen: es
gibt offenbar eine ungebrochene Sehnsucht von Teilen des Publikums
nach Nostalgie und heiler Welt.
Aber auch unter musikhistorischem Aspekt: das Bed�rfnis nach
eing�ngigen Melodien existiert, abseits von allen Experimenten
mit Zw�lfton - oder serieller Musik. Es gibt ganz offensichtlich
ein Publikum, das sich im Umfeld melodischer Schlichtheit wohlf�hlt
- kulturkritische Verdammungen sind da fehl am Platze, aber
die Antwort auf die Fragen nach der Weiterentwicklung von musikalischen
Standards und des "Geschmacks" unvorbelasteter Zuh�rer ist sicherlich
Aufgabe zeitgem��er musikalischer Unterhaltung. Daran sollte
auch die Musikalische Kom�die Leipzig arbeiten.