Kommentar:
MY WAY OF GUMMIBÄRCHEN-
das Takemitsu-Projekt an der Staatsoper Unter den Linden
von Alban Nikolai Herbst
15.10.2004
- ein alter Mann - selbstverst�ndlich
im Fleischmieder einer alten Frau mit tiefh�ngenden Titten und Fettrollen
bis zwischen die Beine - "selbstverst�ndlich", damit uns auch klar wird,
wovor so ein gut situierter Homo sich f�rchtet - die Mutter also in ihrer
anatomisch diskriminiertesten Form -
- denkt zur�ck - so "denkt" sich das der "Regisseur", der Peter Mussbach
hei�t -
- eine Diseuse namens Georgette Dee, die bekannterma�en eine Frau ist, die
einen Mann spielt, der eine Frau gibt - damit ersch�pft sich leider das
Talent, wenn man vom outrierten Charme einer Fleischersfrau absieht, die
sich f�r den Samstagabend aufgedonnert hat
- f�nf in Teddykost�me gesteckte Kleinw�chsige mit knolligen Hoden zwischen
den Beinen - sie (alle neun) sollen wahrscheinlich f�r Kindheit stehen (die
Hoden, die Beine,die Teddies) - eine Kindheit mithin, wie sie sich das Biedermeier-Seelchen
m�nnlicher Alices in Wonderland vorstellt - jedenfalls dackeln die B�rchen
auf der B�hne wie Ewoks herum, allerdings sind sie weniger wehrhaft
- �berhaupt: Regression, Regression, Regression ( "Lass uns anmutig in die
Senilit�t sinken" - das ist O-Ton, ich dokumentiere hier nur) -
- und die wenigen textlich markanten Miniaturen, die �ber die Eltern, die
Gro�eltern, sind derart zugeschmiert, als wollten sich einem Windbeutel
in die Geh�rg�nge dr�cken, und zwar ohne das Backwerk drumrum -
- wundersch�ne bewegliche Kulissen mit dem Schmelz von Mondaufg�ngen im
Friedrichstadtpalast - Erich Wonder ist ein Zauberer, freilich, doch hier
der Mann, der einem Buben Schokol�dchen zusteckt, um ihn vom Spielplatz
zu kriegen - dazu "Gedichte", die ins Guiness Buch der Rekorde geh�ren,
da sie an weise-b�rtiger Schlichtheit sogar noch Erich Fried �bertreffen
-
- weiter, n�mlich die "Musik":
- hintereinander-, aufeinandergeschichtet Kitsch auf Kitsch - Motive, die
schon bei ihrer Erfindung in die Suppenk�che geh�ren, weil sie im Brodeln
niemand h�rt - doch wiederholt und wiederholt, Dur-Akkord-selig - die Staatsoper
als Musical-Center - in seinen allerbesten Momenten (sie sind rar) bekommt
das St�ck den Charme eines l�ngst vergangenen Hollywoods - nicht einmal
Andrew Lloyd Webber ist musikalisch so schlecht, der hat wenigstens Drive,
hier herrschen hingegen d�rrgezuckerte Feigen, die sich f�r Chardonnay-Trauben
halten - doch hartn�ckig wird wiederholt - und wiederholt - und wiederholt
- und wiederholt - und wiederholt -
- ach, wie oft rief meine Seele: "Nun schlagt das endlich kaputt!" - nicht
die Spur von John Cage, geschweige Ligeti, Yun, sondern alles - alles -
bis zu den Zehen verlogen - man ist schon f�r elektronische Bassschl�ge
dankbar -
- nein, immer noch weiter, obwohl mir so schlecht ist, doch irgendwie muss
man zum Ende kommen:
- Roman Trekel singt endlich ein volksliedhaftes, sehr sch�nes Lied, aber
Nagano l�sst das Orchester selbst die klarste Melodielinie verkleistern,
immer druff, immer druff mit der Buttercreme! Schluss jetzt! Knapp! Also:
Wer sich nicht ekeln m�chte, der meide dieses St�ck.
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