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Verdi-Ausstellung


 
 

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Hier atmet Geschichte

Legendär ist die Freundschaft des Verlegers Giulio Ricordi mit Giuseppe Verdi. Geblieben sind davon zahlreiche Dokumente im Mailänder Archivio Storico Ricordi, das sich heute im Besitz von Bertelsmann befindet. Der Medienkonzern präsentiert jetzt erstmalig eine Ausstellung mit Originaldokumenten in Berlin und spricht von einem Höhepunkt des Verdi-Jahres.

Das Archivio Storico Ricordi beherbergt eine Fülle erlesener Kulturschätze. Für uns bedeutet das vor allem eine hohe Verantwortung, sorgsam mit diesem kulturhistorisch bedeutsamen Erbe umzugehen und dafür zu sorgen, dass es nachfolgenden Generationen erhalten bleibt“, erklärt Thomas Rabe, Vorstandsvorsitzender von Bertelsmann. Im Bestand des Archivs mit Sitz in Mailand befinden sich heute annähernd 8.000 Originalpartituren von mehr als 600 Opern – darunter wertvolle Originalhandschriften von Giuseppe Verdi und Giacomo Puccini – sowie rund 10.000 Libretti, an die 6.000 historische Fotografien sowie die komplette Geschäftskorrespondenz des Verlages Casa Ricordi von 1888 bis 1962, aber auch Bühnenbild- und Kostümentwürfe.

Gabriele Dotto ist Direktor der Michigan State University Press und stand viele Jahre dem Archivio Storico Ricordi vor. In diesem Zusammenhang leitete er auch die Überführung der Archivalien in die neuen, sicheren Räumlichkeiten in der Biblioteca Braidense in Mailand. Jetzt hat er die Ausstellung „Unternehmen Oper“ kuratiert, die anhand der beiden späten Verdi-Opern Otello und Falstaff facettenreich und interaktiv die Entstehungsgeschichte einer Oper von der Beauftragung bis zur Uraufführung nachzeichnet. „Wir möchten zeigen, dass komplexe Schöpfungen wie Opern das Resultat von Ideen und Energien vieler talentierter Menschen sind“, erläutert der renommierte Musikwissenschaftler seine Beweggründe, die Ausstellung ins Leben zu rufen. „Wir wollen auch zeigen, dass der schöpferische Prozess, der eintritt, wenn starke, durchaus auch gegensätzliche künstlerische Persönlichkeiten aufeinandertreffen, ebenso faszinierend sein kann wie das eigentliche Resultat.“ Schließlich wolle die Ausstellung auch demonstrieren, dass kreatives Unternehmertum eine wichtige, stimulierende Rolle spielen und damit einen Anteil am unmittelbaren und dauerhaften Erfolg haben könne.

„Verdi fand in Giulio Ricordi nicht nur einen Verleger, sondern einen künstlerischen und wirtschaftlichen Partner, fast schon einen Seelenverwandten. Hier ging es um weit mehr als finanzielle Interessen“, sekundiert kein Geringerer als Daniel Barenboim, Generalmusikdirektor der Staatsoper Unter den Linden in Berlin und Musikdirektor der Mailänder Scala. Unter den Linden, allerdings nicht in der Staatsoper, sondern in der Repräsentanz des Konzerns findet die Ausstellung zum ersten Mal statt, ehe sie nach Gütersloh und Mailand weiter wandert.

Neues aus der Vergangenheit

Bertelsmann hatte 1994 das traditionsreiche italienische Musikverlagshaus Casa Ricordi erworben, sich analog zum Rückzug aus dem herkömmlichen Musikgeschäft aber sowohl von dem Musikunternehmen als auch von den Ricordi-Musikrechten wieder getrennt. Das zugehörige Archivio Storico Ricordi und die Markenrechte verblieben aber im Konzern. Nach Ansicht Dottos handelt es sich dabei um eine einzigartige Sammlung, weil sie einen „panoramaartigen“ Überblick über zwei Jahrhunderte verlegerischer Tätigkeit eines der wichtigsten Musikverlage überhaupt in diesem Bereich gibt. Mit der Ausstellung „Unternehmen Oper“ macht der Medienkonzern nun erstmals Bestandteile des Archivs der Öffentlichkeit zugänglich. „Ich halte es für sehr wichtig, dass Bertelsmann sich hier einbringt. Wir gehen sehr sorgsam mit diesen Kulturschätzen um“, unterstreicht Liz Mohn, Sprecherin der Eigentümerfamilie Mohn, Gründerin des internationalen Gesangswettbewerbs Neue Stimmen und langjährige Kulturförderin, die Notwendigkeit, sich mit den Inhalten des Archivs auch in Zukunft intensiv auseinanderzusetzen. Denn nachdem eine erste Bestandsaufnahme abgeschlossen ist, sollen nun die Katalogisierung, Restauration und Digitalisierung der Archivalien weiter vorangetrieben werden. Gabriele Dotto ist sich sicher, dass die zu erwartenden Funde nicht nur für die Öffentlichkeit, sondern vor allem auch für die Wissenschaft von hohem Interesse sein werden. Die, so sagt er, „interessiert sich zunehmend für die Komponisten aus der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts – und gerade die sind in den Beständen des Archivs stark repräsentiert“. Vorerst aber geht es mal mit Giuseppe Verdi los – und wir dürfen gespannt sein, was die Ausstellung Neues über das Verhältnis des Komponisten zu seinem Librettisten Arrigo Boito und dem Verleger Ricordi zu bieten hat. Gerade rechtzeitig zu Verdis 200. Geburtstag.

Michael S. Zerban, 27.8.2013

 


Gabriele Dotto hat die Ausstellung
„Unternehmen Oper“ kuratiert und
vermutet noch viele „Schätze“ im
Archivio Storico Ricordi.


„Eine Fülle erlesener Kulturschätze“
weiß Thomas Rabe,
Vorstandsvorsitzender Bertelsmann,
in dem Archiv.


Liz Mohn begrüßt die Öffnung des
Archivs für die Öffentlichkeit.


Patrizi Veneziani e Dame, 1. Akt,
Kostümentwurf von Alfredo Edel 1899.


Produktionskarten mit Verzeichnis
über die Ausgaben der Libretti von
Otello und Falstaff.