

Aus den Nischen herauskommen
Andreas Rochholl
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Ein Gespräch mit dem Gründer
und künstlerischen Leiter der Zeitgenössischen Oper Berlin Andreas
Rochholl. Die Fragen stellte Franz R. Stuke.
Opernnetz: Aus welchen Quellen - k�nstlerisch, personell,
finanziell - speist sich die Zeitgen�ssische Oper und wie beschreiben
Sie ihr Profil?
Rochholl: Der Spielplan der Zeitgen�ssischen Oper Berlin enth�lt
ausschlie�lich Werke des internationalen Musiktheaters, die nach 1945
komponiert wurden. Alle strukturellen, personellen und finanziellen Fragen
richten sich nach dem Ziel, optimale Auff�hrungsbedingungen f�r das jeweils
konkrete Werk bereitzustellen. Entsprechend den spezifischen Anforderungen
werden die K�nstler f�r jede Produktion einzeln engagiert. Die Finanzierung
der Produktionen wird realisiert durch eine Mischung aus institutionellen
F�rderungen durch �ffentliche und private Mittel und durch projektbezogene
Mittel und Partner.
Opernnetz: Wie sehen Sie die Zukunftschancen im Zusammenhang
mit der nicht nur politischen Diskussion �ber die Opernh�user in Berlin
- und welche Rolle spielen dabei Ihre �ber Berlin hinausgehenden Kooperationen
mit Repr�sentanten des Modernen Musiktheaters?
Rochholl: Die einzelnen Diskussionsstr�nge um die Themen "Was ist
Hauptstadtkultur?", "Wie soll die Opernstadt Berlin aussehen?", "Welche
Rolle spielt der Bund in Berlin direkt und indirekt durch das Haus der
Kulturen der Welt und die Berliner Festspiele?" sollten in eine Gesamtdiskussion
zusammengebracht werden. Es ist m�glich, dass Berlin ein pluralistisches
Angebot im Bereich Musiktheater anbieten kann, gleichzeitig die Tradition
pflegt und innovativ wirken kann. Bei der jetzigen Verfaserung und Verschwendung
der Ressourcen entsteht keine positive Konkurrenz, wie man es von den
M�rkten der �konomie kennt, sondern zunehmend nur Ersch�pfung. Und das
seitens aller Beteiligter, inklusive Medien und der Politik.
Die Chance liegt in einem �ffentlich zu f�hrenden politischen Diskurs
�ber Werte und Richtlinien einer Berliner Kulturpolitik. Die kurz- und
mittelfristigen Bedingtheiten der Berliner Ist-Situation d�rfen den Fragen
nach einer zuk�nftigen Ausrichtung nicht von Anfang an allen Atem nehmen.
Die L�sungen m�ssen auch f�r die kommende Generation Spiel- und Denkr�ume
erm�glichen - das muss im Blickwinkel der jetzt Verantwortlichen sein.
Das politische Bekenntnis zur europ�ischen Integration muss in der Hauptstadtkultur
einen entsprechenden Ausdruck finden. Besonders der kulturelle Dialog
zwischen Ost und West kommt aus historischer Verantwortung und emotional
Durchlebtem der Stadt Berlin zu. Die Werke von Richard Strauss und Richard
Wagner reichen dazu alleine oder dominierend nicht aus. Die Oper ist ein
sinnenfrohes und sinnstiftendes Medium, die unterschiedlichen Formen von
Chauvinismus zu �berwinden. Eine sch�ne �bung f�r eine Stadt auf dem Weg
zur internationalen Metropole.
Opernnetz: Das Publikum der Zeitgen�ssischen Oper rekrutiert
sich nicht nur aus Berliner Opernfreaks: Welche speziellen Formen der
PR nutzen Sie, Ihr Publikum zu erreichen?
Rochholl: Entsprechend der Vielfalt der Inhalte und Formen zeitgen�ssischen
Musiktheaters ist die Zielgruppe unserer Arbeit keine spezielle. Wenn
es dem Musiktheater nicht gelingt, aus den teils selbst verschuldeten
und immer enger werdenden Nischen herauszukommen, wird die geistige und
finanzielle Anbindung an den allgemeinen gesellschaftlichen Diskurs immer
schwieriger. Durch das starke Interesse an unserer Arbeit seitens des
Publikums, der Medien und von F�rderern der unterschiedlichsten Art haben
wir aber viel Ermutigendes erfahren und werden auch weiter versuchen,
in Berlin ein Klima zu etablieren, in dem zeitgen�ssisches Musiktheater
auf Grund seiner vielsprachigen Grenzg�nge als ein geeignetes Modell f�r
pers�nliche, soziale und politische Fragestellungen wertgesch�tzt wird.
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