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Am Ende rauchen alle hektisch vor
Gl�ck
Diese Oper geh�rt, scheint mir, ihres melodischen Reichtums wie der dramatischen
M�glichkeiten wegen, die sie birgt, zu den fruchtbarsten aus H�ndels italienischem
Fach. Das Ensemble der Komischen Oper Berlin sch�pfte denn auch aus dem
Vollen und gab eine spritzige, behende, dabei durchaus (darf man das noch
sagen?: gesellschafts-)kritische Auff�hrung, die sich allenfalls gelegentlich
h�tte Gags sparen k�nnen; andererseits ist ja nie ganz heraus, wo etwas
schon Witz, wo erst Bl�delei ist: Man kann sich vor Amusement auf die
Schenkel schlagen und trotzdem falsch liegen.
David Alden inszeniert das St�ck als ein Traumspiel mit nur anfangs klappernden
Anleihen an Pirandello, dessen �sthetik die Modernit�t barocker Entw�rfe
unterstreicht: Die Frage, was real, was imagin�r sei, hat sp�testens mit
der Cybertechnologie heftigste Virulenz gewonnen; "realistische" Konzepte
wirken dagegen gesellschaftlich blass und papieren. Dazu kommt gerade
in dieser Interpretation ein enorm schneller Umschwung von Burleske in
Tragik, von ironischer Distanz in empathischster Innerlichkeit - und das
mitunter in einer einzigen Figur w�hrend ein und derselben Arie. Am kunstvollsten
und ergeifendsten gelang dies wohl Brigitte Geller in ihrer fast woll�stig
ambivalenten Verk�rperung der Morgana. Aber auch Geraldine Mc Greevy lebte
aus dieser Spannung von Intrigieren und wirklich lieben Wollen. Wobei
die Bitterkeit, die ihrer Alcina zugewiesen wird, sich �ber das Schicksal
der "Geretteten" noch einmal verdoppelt: Alden l�sst daran keinen Zweifel,
"umsonst, umsonst ist alles". Da steht man dann am Schluss in der Reihenhaussiedlung
und raucht mit hektischen Z�gen.
Dagegen die Traumwelt Alcinas. Man kann diese Oper auch als eine Venusberg-Geschichte
lesen, und Alden dreht sie um. Was H�ndels lustbetonte Musik auch durchaus
herausfordert, was sie so gegenw�rtig macht, hingegen einem Wagners Entsagungsideologie
dergleichen Lebensbejahung interpretatorisch wegklemmen will.
Kinosessel, Variet�b�hne, ein zum Gorilla vercircter Liebhaber, ein von
der B�hne umgekehrt herabh�ngendes Nashorn in Orignalgr��e, Platzanweiserinnen,
die sich in eine Marlene Dietrich verwandeln, Abhorchger�te und solche
zum Verpassen von Elektroschocks - alles prall und farbig, mit Anleihen
an Cabarets und Musikclips ("Phil Collins", fl�sterte mein Nachbar mir
ins Ohr), au�erdem vermittels Bananen gestillte Affenbabies... der Abend
ist mit Anspielungen, Zynismen, B�hnenbildideen vollgestopft und mit -
Liebe.
Geraldine McGrevy, die sehr kurzfristig f�r die erkrankte Hauptdarstellerin
einsprang und ihre Arien auf Italienisch, die Rezitative hingegen deutsch
sang, brachte ein wirkliches Meisterinnenst�ck zuwege, auch wenn ich mir
manchmal etwas mehr hexisches Feuer gew�nscht h�tte. Rundweg umwerfend
Brigitte Gellers mal herrlich laszive, mal resolut-verh�rmte Morgana und
als Bradamante eine Ewa Wolak, die immer dann richtig in Fahrt kam, wenn
sie sich auszog (was bei einer "falschen Hosenrolle" ziemlich sinnvoll
und deshalb nicht peinlich ist, vielmehr entsteht so Komik). Allerdings
sang Annette Markert ihren Ruggiero zwar wundersch�n, doch blieb seltsam
unzeitgem�� ein Oktavian an der Rolle h�ngen: Es ist harmonisch einfach
zu sp�rbar, dass die Partie einen Counter verlangt.
Unter Paul McCreesh spielte das Orchester der Komischen Oper lustvoll
einig und unbek�mmert-virtuos kurze drei Stunden hindurch f�r einen Abend,
der sich all jenen widmen wollte, die sich nicht langweilen m�chten. Die
anderen buhten. Weshalb jene Bravi riefen. Woraufhin die anderen wieder,
nun lauter, buhten. Lebendig also auch das. (anh)
Karten unter (030) 47 99 74 00 |
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