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Fakten zur Aufführung 

OPERATION AMADIGI
(Georg Friedrich Händel)
24. September 2003 (Premiere)

Neue Opernbühne Berlin
(Krankenhaus Moabit)

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Studien, travestisch, über Hysterie

Die sogenannte NOB (Neue Opernb�hne Berlin) ist f�r Experimente so bekannt wie gut, eigentlich lohnt es immer, zu ihren Produktionen zu gehen, auch wenn mancherlei misslingt: Die Momente, wo sich pl�tzlich das Ruder herumrei�t und wirklich Oper wird, lohnen allemal. Und sicher kann man sein, dass die Produktionen das Gegenteil dessen sind, was unter Repertoireauff�hrung gemeint ist. (Carlos Kleiber gelte als schwierig: Er habe darauf bestanden, dass dieselben Musiker spielten wie jene, die geprobt h�tten - hintertr�gt spitzlippig Syberberg.)

Der Schludrian also ist des NOBs Sache nicht, vielmehr wird mit beachtlicher Leidenschaft und sicher auch Opferbereitschaft gearbeitet. Wenn dann die Regie nicht recht stimmt, ist das eigentlich traurig und vielleicht auch ein Ablass an die f�r Opern nun wirklich sagen wir: bizarren "B�hnen", die sich das Ensemble aussucht oder zur Verf�gung gestellt bekommt.

Im Fall der derzeitigen "Operation Amadigi" - eigentlich "Amadigi di Gaula" - ist es der etwas enge H�rsaal eines Krankenhauses. Ich fragte mich w�hrend des gestrigen Auff�hrung dauernd, was wohl zuerst da war: die Idee oder der Raum? Vieles spricht f�r den Raum und daf�r, dass Alexander Paeffgen - Chef des Ensembles und zugleich Regisseur - rechtschaffen versucht hat, eine Verbindung solcher an sich antipodischen Sph�ren herzustellen. Er f�hrt dem Publikum die Zauberoper wie eine Folge medizinischer Versuchsanordnungen vor und macht das vermittels schriftlicher Diaprojektionen ("4. Versuch: Manipulation der Sinne 2") auch deutlich.

Aber so recht passen will es nicht, nur selten gelingt es, solch Hereinnahme fremder Partikel k�nstlerisch-ironisch zum Leuchten zu bringen ("Reduzierung der Probanden" k�ndigt den "Abgang" einer solchen "Versuchsperson", n�mlich Dardanos, an). Au�erdem sind an solch einem Ort die Anforderungen an die Personenf�hrung naturgem�� heikler. So kommt es dann als �berspielung zu Travestien, bisweilen etwas niveaulosen Witzen, was aber immer an ein unbedingtes Engagement gekoppelt bleibt. Das hat dann auch musikalische Folgen. Etwa den Schmerz beim Verbinden einer verbrannten Haut dadurch auszudr�cken, ihn in die Intonation der Sangstimme im Wortsinn reinzudr�cken, finde ich f�r die Aria eher schade.

Andererseits lodert das Feuer der Wutges�nge Melissas (Ulrike St�ve, die neben ihrer s�ngerischen Potenz spielerisch einfach hervorragt) genau durch den engen Raum ganz herrlich auf. Ob allerdings die Idee so inspiriert ist, statt zwei M�nner f�r ihre Liebe durchs Feuer gehen zu lassen, dadurch zu symbolisieren, dass sie ihre H�nde in einen hei�en Toaster stecken, stelle ich lieber dahin.

Jelena Bodrazic singt den Amadigi sehr innig, sehr klar, doch ihre schauspielerischen Hemmnisse (wie gesagt: sicher auch der Raum) lassen einen das nicht v�llig genie�en. �hnliches gilt f�r Tim Severloh als Dardano. Wobei sich alle in der zweiten H�lfte des Abends warm gesungen hatten und die Sache pl�tzlich, muss man sagen, richtig Fahrt bekam. Namentlich M�lanie Boisverts Oriana gewann eine enorme Eindringlichkeit. Bezeichnenderweise r�ckte die wei�e Krankenhauskluft da auch immer weiter in den Hintergrund, man verlie� das klinische Szenario, �ffnete sich der Welt: Und da stand die Oper dann pr�chtig da.

Wie dumm, dass w�hrend der Pause so sch�tzungsweise ein Drittel Publikum die Auff�hrung verlassen hatte. Dumm. Und ein wenig masochistisch. Saubere Leitung Scott Currys, spritzige Einlagen von Fagott und Trompete. Nein, ich bedauerte es dann nicht, wider Absicht auch zur zweiten H�lfte geblieben zu sein. �brigens erstaunlich, wie so ein H�rsaal klingt! (anh)