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Fakten zur Aufführung 

LA FANCIULLA DEL WEST
(Giacomo Puccini)
27. März 2004

Deutsche Oper Berlin

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Asylanten-Utopie

Ein wunderbares Dirigat voll gedehnter, sorgsamer Tempi, die noch unter das feinste absteigende Motiv die sorgsame Hand einer sozusagen festen Empfindsamkeit legen (Christian Thielemann), - ein z�rtlicher Modernisierungswille, der sich ebenfalls hinter das und nicht vor das St�ck stellt (Vera Nemirova), - mit vor allem Paoletta Marrocu (Minnie) und Lado Ataneli (Rance), aber auch Markus Br�ck und Lenus Carlson in eindrucksvollen Nebenpartien gl�nzenden S�ngern - damit sei diese Inszenierung schon einmal empfohlen.

Nun kann man sich dar�ber streiten, ob die Idee, das Opernhaus vor der Auff�hrung in einen Passagierdampfer zu verwandeln, der das Publikum unter Reporterbegleitung in die Neue Erl�sende Welt f�hrt, mehr als ein Gag ist, zumal als "Lontano - Kammerst�ck f�r einen Schauspieler" mit eigenem Besetzungszettel im Programmheft bedacht. Zu wenig intensiv r�cken einem die Billigpassagiere auf den Leib, die zu Seiten der Treppen auf ihren Matratzen liegen; allenfalls der Salon mit Foxtrott-Orchester trifft die Anmutung der �berfahrt, aber ja gerade nicht f�r die, die gemeint sind: An denen blickt das neuerdings wieder ziemlich geleckte Premieren-Publikum ziemlich vorbei; es gibt sogar wieder H�here T�chter, die sich moralisch nicht mehr besinnen m�ssen. doch immerhin, Vera Nemirova holt die heutigen, eben nicht romantisierten Menschen, in deren Kreisen die Oper spielt, durch einen sehr akzeptablen Trick auf die B�hne zur�ck: Aus der Westernklamotte, die allzu oft im Holz der Saloons zugrundgeht, wird ein fast-modernes Siedlungscamp mit Fastfood-Wagen, in dem eben die Heldin der Oper die. ja, wir w�rden heute sagen: Wirtschaftsfl�chtlinge mit Cola und McNuggets bedient.

Durch den sehr hollywoodhaften Kulissenprospekt eines dauernden Sonnenuntergangs in den Bergen bleibt das aber organisch an Puccini gebunden und wird �ber einen Screen, der auf seinem Stativ wie eine Camp-Beleuchtung wirkt, zugleich mit unserer n�chsten Gegenwart verkoppelt. Denn der Schirm l�sst uns in ein Asylanten-Lager sehen. Und wenn ganz zum Schluss die Kulisse weit nach hinten weggefahren wird und die Reporter zu Kamerateams werden, die den Showdown der Liebenden filmen, dann schlie�t das nicht nur auf das "Vorspiel auf dem Theater" zur�ck, also auf den Passagierdampfer, sondern zudem noch auf Frank Corsaros Inszenierung von 1982, die insgesamt in einem Filmstudio spielte.

So etwas macht in jedem Fall Spa�, auch dann, wenn das Konzept strittig ist - strittig und zu diskutieren, nicht etwa danebengegangen. Musikalisch ist man hier ohnedies f�r alles entsch�digt, von dem Johnson einmal abgesehen, auf dessen S�nger so sehr die volle Wucht der Buhs niederkrachte, dass ich ganz w�tend wurde. Denn niemand hatte etwas gelernt. Vielleicht war der Mann ja nur indisponiert? H�tte nicht das Publikum - wie die M�nner des Lagers dem Banditen - auch dem Darsteller vergeben k�nnen? Das w�re dann wirklich utopisch gewesen. Doch ich verga�: Die Matratzenlager auf dem Zwischendeck blieben ja unbeachtet. Hieran ist diese sehr, sehr sch�ne Inszenierung gescheitert. An der Wirklichkeit. Nicht an der Kunst. (anh)


Karten unter 0700 67 37 23 75 46






Fotos: © Bernd Uhlig