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Fakten zur Aufführung 

OEDIPE
(Georges Enescu)
23. April 2004

Deutsche Oper Berlin

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Unschuld & Verdammnis

Eine in ihren expressiven Vierteltonschritten geradezu hypnpotische, wenn nicht psychedelische Musik, die bei aller Modernit�t auch den unausgebildeten H�rer nicht mit Dissonanzen plagt, sondern ihn - ganz wie in der griechischen Trag�die - erschauern l�sst. Die suggestiv-farbstarken, teils phantastisch-magischen B�hnenbilder Gottfried Pilz'. Ein S�ngerensemble, das besonders mit Esa Rautuutunen, Gleb Nikolskij, Yvonne Wiedstruck und der jungen Andion Fernandez kaum intensiver vorgestellt werden kann; besonders Marjana Lipovsek sang mir durch Mark und Herz. in der Stimme ihrer Sphinx hallte etwas von black music, von schwarzer gutturaler Ballade. Und ihre Interpretation l�sst das Ungeheuer auch 'ungeheuer' sterben, eine h�hnisch lachende Niederlage von unangenehmster Ambivalenz.

G�tz Friedrichs' ausgefeilte, nach Sinn und Schicksal grabende Regie, deren Personenf�hrung noch acht Jahre nach der Premiere funktioniert und - unwillentlich? - klarmacht, dass die vers�hnliche Levitation, die Enescu und sein Librettist Fab ihrem �dipus zuschreiben, nichts als humanistische Aufpfropfung ist. Die Oper ist tats�chlich ("eigentlich", nicht faktisch) da zu Ende, wo der selbstgeblendete blutende �dipus aus der Stadt gewiesen wird. humpelnd, gebeugt, zum Herzverkrampfen unschuldig mit Schuld geschlagen, geht er an der Hand einer Tochter. der Vorhang f�llt, man sitzt da, wei�, es waren noch nicht alle Bilder. und dennoch, hier m�sste jetzt geschwiegen werden. man m�sste sitzen bleiben, stumm, geschlagen beinah selbst, in sprachloser Ersch�tterung. so hilflos macht einen das, so intensiv ist der klassische Mythos in drei von vier Opernakten wiedererstanden. -

Das Dirigat Cristian Mandeals schlie�lich, zugleich sorgsam auf Enescus musikalischen Synkretismus bedacht wie auf das Lodern des, ich m�chte sagen, trag�dischen Feuers, mit dem er brennt.

Wessen bedarf es denn um aller Musen willen noch, damit sich ein Opernhaus mit Publikum f�llt? Es hat etwas seinerseits Tragisches, wenn Berlins musikdramatische B�hnen um ihre Zukunft bangen und offenbar gerade die Qualit�t ihrer Produktionen sie ihnen streitig macht. Man spielte vor schmerzlich vielen leeren Pl�tzen. Dabei galt die 1936 uraufgef�hrte und danach h�chst selten gegebene Oper bei ihrer Berliner Premiere 1996 als eine der ma�geblichen b�hnendramaturgischen Wiederentdeckungen Neuer Musik. Zudem ist sie in dieser Saison insgesamt nur dreimal zu h�ren: 13 Auff�hrungen in acht Jahren sollten die Musikbegeisterten herpilgern lassen - vor allem dann, wenn mit solcher Intensit�t musiziert und gesungen und dargestellt wird.

Der Mensch als Elementarteil einer Allegorie, die jeder Form von Selbstbestimmung spottet: Das dringt noch durch Enescu/Fabs vers�hnlichen Schluss hindurch, den feinere Gem�ter als Kitsch empfinden. Deshalb streiche ich das Sechste Bild und habe f�nf Bilder gro�es Musiktheater geh�rt. Und danach drei schwere, schmerzliche, tiefe Minuten --- Schweigen. (anh)

(Noch zwei Vorstellungen: am 29. April und am 2. Mai. )

Karten unter 0700 67 37 23 75 46






Fotos: © kranichfoto