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Mit Rudolf Steiner zum Himmel hinauf
Musikalisch ist diese Auff�hrung ganz wundersch�n. Die in Seiten- und
Hintergrund aufgeteilte, teils aus den R�ngen spielende "akademie
f�r alte musik" und "vocalconsort berlin" wie "concerto
vocale" musizieren unter Ren� Jacobs Leitung so frisch wie lustvoll
genau, oft sehr m�rchenhaft, also erz�hlerisch, im Ton.
Die Solos�nger haben Seele und Sch�nheit, Nuria Rials (Euridices) Stimmf�hrung
nimmt jeder Verzierung die Manier, l�sst sie "einfach" innig werden, so
dass man als H�rer schon mal in sich hineinseufzt, St�phane Degouts Orfeo
hat vermessene Kraft und doch auch von allem Anfang an orphische Elegie,
und Marie-Claude Chappuis's Proserpina ist wirklich unterweltliche Stimmg�ttin...
- nein, musikalisch gibt es hier gar nichts zu meckern.
Und auch die Szene g�be vieles her: Die moderne (eigentlich ja alte) Plazierung
der Instrumentalisten neben und vor der schr�gen B�hne, dass es dazu ein
sozusagen "Fernorchester" am hinteren B�hnenprospekt gibt, das Spiel um
erz�hlte Theaterillusion zumal - Theater auf dem Theater also -, der Rollenwechsel
innerhalb der kleinen Akte, das sch�ne, n�chterne Licht... all dies nahm
mich anfangs f�r diese Inszenierung ein. Man kann auch, glaube ich, �ber
die b�hnenbildnerischen Unterwelts-Einf�lle diskutieren: wenn ein Prospekt
etwa unvermittelt an Kiefers Nicht-Geborene erinnert oder kurz vorher
an einen Magritte, dem allerdings der Surrealismus fehlt usw...
doch zugleich und schon zu Anfang vermittelte sich der Eindruck sauberen,
ich m�chte sagen: sekretlosen Kitsches, der in affig-modischen Bewegungen
von S�ngern und Chor erstmals zum Ausdruck kommt. Seit 1996 das Gespann
Herrmann/Jacobs den Chor sich nach H�ndel "abtanzen" lie�, hat der damals
so angemessene wie wunderbare Einfall derartig Schule gemacht, dass kaum
noch eine Inszenierung alter Musik ohne ihn auskommt.
So "rocken" also auch hier die Ensembles, aber komisch pr�de... wie �berhaupt
Barrie Koskys Inszenierung ziemlich unfleischlich daherkommt, als h�tte
er f�r seinen beachtlichen Ligeti - nebenab an der Komischen Oper - ein
Abtestat-Opfer bringen m�ssen... also f�llt ihm auch f�r die Toten der
Unterwelt nichts weiter ein, als sie sich starr und bleich und von den
Zipfeln ihrer Kleiderschleppen verfolgt �ber die Bretter schleichen zu
lassen, manche d�rfen auch L�mpchen tragen, so dass sie die Fantasie des
Zuschauers zu Anglerfischen macht, die ja seit "Findet Nemo" allgemeines
Bildungsgut sind... Nix Cocteau also.
Und Apollo schlie�lich steigt so schwanzlos, so zeugungsschwach-androgyn
herauf, dass einem ganz theosophisch zumute wird. Ein leuchtender Kristall
h�ngt ihm dabei, eine r�cksichtslos banal-esoterische Zirkusnummer, unter
der Hand - zwecks Hypnotisierung des Orpheus, sicher, zu welcher aber
mehr noch die schwule Eurythmie beitr�gt, die einen aus Gr�nden des Guten
Geschmacks immer davon abhielt, seine Kinder auf Waldorfschulen zu geben.
Sie sollten einen - wegen der Musik - aber nicht davon abhalten, in diese
Inszenierung zu gehen. Denn wir Menschen sind ja organisch privilegiert
und k�nnen, kommt's drauf an, die Augen schlie�en... schon wegen der vielen
Guido Westerwelles, die gestern Abend die Lindenoper besatzten. Was sie
da wollten, wei� ich nicht. (anh) |
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