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ALLEIN, VERLASSEN
Lucia ist hoffnungslos verfangen in existentielle Bedrohungen der gewaltt�tigen
Traditionen. Edgardo ist ein feindlicher Liebhaber, Enrico ihr inzestu�s
wahnsinniger Bruder, Raimondo ein bigotter Priester, Arturo ein brachial
gewaltbereiter "Br�utigam" - Lucia ihrer aller Opfer. Gabriela Rechs Regie
geht unter die Haut- zeigt mit diskret-intimen Szenen die unab�nderliche
Bedrohung der Lucia.
Das geschieht auf einer von manischen Traditionsportr�ts bestimmten dunklen
B�hne (Sandra Meurer), die Lucias Bedr�ngungen zwanghaft assoziieren.
Diese vorgegebenen emotionalen Gewaltmomente werden darstellerisch-s�ngerisch
sensationell umgesetzt: Die Kompetenz des Bielefelder Ensembles bewegt
sich auf allerh�chstem Niveau: Christiane Boesiger gelingt eine Lucia
mit emphatischer Darstellung und perfekt anr�hrendem Gesang, der an Gruberovas
Stilmittel heranreicht: gehauchte pianissimi, ausbrechende H�hen, anhaltende
Spitzent�ne ohne Sch�rfen, voller ergreifender Emotionalit�t. Mit Ki-Chun
Park pr�sentiert sich ein Belcanto-Tenor h�chster Agilit�t, mit fulminanter
Strahlkraft und einf�hlsamen Spiel. Alexander Marco Buhrmester leistet
ein hohes Ma� an darstellerischer Selbstverleugnung als kaputter Enrico,
doch er verleiht seinem kraftvollen Bariton ungemeine Ausdruckskraft zwischen
Herrschaftsattit�de und emotionaler Verzweiflung. Die "Nebenrollen" sind
in dieser sensationellen Bielefelder exzellent besetzt: Hans Griepentrog
als ersch�tternd-unentschiedener Geistlicher Raimondo mit souver�nem artikulationsf�higen
Bass, Neal Banerjee als beeindruckender Arturo sowie Eteri Kokhodze als
Alisa.
Das s�ngerische Niveau der Bielefelder "Lucia" kann kaum �bertroffen werden.
Fragt sich, warum die kleinkarierte Stadtpolitik das ungemein leistungssstarke
Haus - ein Leuchtturm in der Landschaft der deutschen Musiktheater - permanent
diffamiert und seine Existenzberechtigung in Frage stellt.
Das Premierenpublikum feierte - f�r Bielefeld durchaus au�ergew�hnlich
- die brillanten Solisten, das zuverl�ssige Orchester (Dirk Kaftan!),
Regie und B�hne mit standing ovations, langanhaltend und lautstark. Die
Stadtobrigkeit von CDU und Oetker-Club war nicht zu sehen - armselig!
(frs)
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