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Fakten zur Aufführung 

LULU
(Alban Berg)
1. Oktober 2003 (Premiere)

Oper Bonn

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Der Zirkus herrscht, Kulturen gehen zugrunde

Keine zwei Wochen nach dem gro�artigen Saisonauftakt mit Verdis Oper "Macbeth" pr�sentiert die Bonner Oper in Zusammenarbeit mit dem internationalen Bonner Beethovenfest eine Produktion der Oper Lulu von Alban Berg. Der Schwerpunkt des diesj�hrigen Beethovenfestes liegt in der Konfrontation von Werken der Wiener Klassik mit denen der neuen Wiener Schule.

Eine Auff�hrung der Oper Lulu scheint in diesem Zusammenhang besonders sinnf�llig, da sich Berg, trotz der dodekaphonen Kompositionstechnik, mit musikalischen Formen dieser Epoche auseinandersetzt. In dieser Oper findet man gewisserma�en eine Synthese zwischen musikalischer Tradition und Moderne.

Diese Synthese ist auch das Motto dieser Auff�hrung. In seiner Inszenierung spielt, wie die Vorlage von Frank Wedekind, mit verschiedenen Gattungen. Ankl�nge an Operette, Zirkus, Revue und Groteske, stehen gleichberechtigt neben Elementen der Trag�die und der gro�en Oper. Mit Hilfe dieser, auf den ersten Blick zusammengew�rfelt erscheinenden, Versatzst�cken, schafft es Schr�ter die Lulu spannend wie einen Krimi, blutr�nstig wie einen Horrorfilm, grausam wie eine Trag�die und s�ffisant wie eine Salonkom�die zu erz�hlen. Dabei geht er sehr gr�ndlich und sensibel vor und schafft es auch noch der kleinsten, noch so unscheinbar erscheinenden Nebenrolle ein eigenes Profil zu verleihen. Darin liegt die eigentliche St�rke seiner Regiearbeit.

Der Clou der Auff�hrung ist die Verwendung verschiedener Videoprojektionen: F�r das von Berg auch schon zur Urauff�hrung als Filmmusik konzipierte symphonische Zwischenspiel f�r den 2. Akt findet Schr�ter sehr expressive Bilder. Die Gesellschaftsszene des dritten Aktes wird dem Zuschauer ebenfalls als Videoprojektion - diesmal allerdings im Foyer - vorgef�hrt, in der sich die Bilder des Zwischenspieles mit dem der Gesellschaftsszene durchkreuzen und erg�nzen. Auch die psychologischen Tiefen der Oper leuchtet Schr�ter sehr individuell aus: Je mehr die Figuren den geistig, moralischen Boden der b�rgerlichen Existenz unter den F��en verlieren, desto mehr fangen sie an sich ihren Trieben hinzugeben. Schr�ter unterstreicht diesen Prozess, indem er an den Zirkus gemahnende Elemente mit diesem Prozess in eine enge Beziehung setzt.

Als ein szenisches Leitmotiv l�sst er in unregelm��igen Abst�nden eine Schar von Zirkusathleten �ber die B�hne turnen, die mit dem Chaospotential der Marx-Brothers Dekorationen verschieben, Requisiten abstellen etc. Der Handlungsverlauf wird so mit der Willk�r dieser Chaotentruppe verkn�pft. Lulu selbst erscheint hier nicht als naive Kindfrau, oder als M�nner mordender Vamp, sondern viel eher als eine (mord-)lustige Witwe, oder eine fehlgeleitete Zirkusprinzessin, deren Gef�hrlichkeit gerade in ihrer Unberechenbarkeit liegt und nicht in einer aufgesetzten Attit�de.

Musikalisch l�sst diese Auff�hrung nun wirklich keine W�nsche offen. Eine klangsch�nere, leichtf��igere und plastischere Lulu hat man selten geh�rt. Roman Kofman arbeitet die klanglichen Finessen dieser sehr komplexen Partitur eindrucksvoll heraus. Dabei versteht er es die Sch�rfen und die Sch�nheiten dieser Oper gleicherma�en zu modellieren.

Auch das S�ngerensemble ist von einer au�erordentlichen Qualit�t. Anat Efraty ist als Lulu von einer unglaublichen physischen Pr�senz und meistert die sehr anspruchsvolle Partie mit unglaublichen Leichtigkeit und M�helosigkeit. Hanna Schwarz zeichnet eine charismatische Gr�fin Geschwitz, die sich - auch noch im Moment des tiefsten Abstiegs - einen Hauch von Noblesse bewahrt. Der Rest des Ensembles war musikalisch wie darstellerisch ebenfalls auf sehr hohem Niveau. (tk)






Fotos: © Thilo Beu