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Atmosph�risches Niemandsland
Sie wolle die Herzen der Bremer erobern, hatte Jennifer Bird im Vorfeld
der Premiere verlauten lassen. Das ist ihr mit einer Konstanze zum Dahinschmelzen
vollkommen gegl�ckt. Was soll man zuerst r�hmen: die technische Versiertheit
ihres anmutig timbrierten, biegsamen Koloratursoprans, ihr leuchtendes
Piano, die zart-elegische F�rbung ihrer Interpretation des Seelenr�tsels
der Marternarie oder die ihrem sublimen Gesang korrespondierende darstellerische
Ausdruckstiefe und Glaubw�rdigkeit oder das Gnadengeschenk einer W�rme,
Sch�nheit und Weiblichkeit verstr�menden B�hnenpr�senz?
Jennifer Bird und Regisseur Philipp Himmelmann kreieren eine seelisch
heimatlose, unverstandene und sich selbst unverst�ndliche Konstanze, die
am Ende ,ihrem' Belmonte in die vermeintliche Freiheit nicht mehr folgen
mag. Wie sich diese zerbrechliche Frau verst�rt zwischen einem naiv-plumpen
Belmonte und einem selbstgef�llig-egozentrischen, gleichwohl versch�chterten
Bassa bewegt, wie sich dann doch zwischen ihr und dem Bassa �ber die Intensit�t
ihrer entgegengesetzten Gef�hle unweigerlich eine Intimit�t in der Distanz
einstellt, das geh�rt zu den gelungenen Momenten einer sonst wenig �berzeugenden
Inszenierung.
Der ausgesprochen gestische Charakter von Mozarts Musik verleitet Himmelmann
zu einem aufgeregten Aktionismus, der in qu�lende Langeweile umschl�gt.
Zwei Stunden lang sollen sich die Zuschauer die Zeit mit der Frage vertreiben,
warum jetzt gerade diese oder jene Figur jemand anderen oder sich selbst
mit einer unentwegt unter den Protagonisten herumgereichten Pistole bedroht.
Dazu verordnet Himmelmann eine radikale B�hnenbild-Di�t: Elisabeth Pedross
hat ein lediglich mit einem gro�en Teppich ausgelegtes atmosph�risches
Niemandsland erdacht, in dem - mit Ausnahme Konstanzes - von Petra Bongard
originell geschmacklos gekleidete Gegenwartsmenschen agieren. Die Ouvert�re
erklingt bei offener, bespielter B�hne und hell ausgeleuchtetem Zuschauerraum,
damit auch wirklich jeder begreife: Das Serail als Ort existentieller
Verwirrung der Gef�hle ist �berall und wir befinden uns alle in ihm. Nur
geht bei dieser Verallgemeinerung manche Besonderheit des Singspiels verloren.
Seine politische Brisanz oder gar so etwas wie die Idee einer Gnade der
Vernunft werden unkenntlich. �berall ist nirgendwo.
Den Weg zu Mozart sucht Lawrence Renes' s�ngerfreundliche und luzide Orchesterf�hrung.
Weit entfernt die Musik romantisch umzudeuten, entwickeln Renes und die
Bremer Philharmoniker ein schlankes, jugendfrisches Mozart-Bild mit verbl�ffend
zur�ckgenommenen dynamischen Feineinstellungen.
Ausgezeichnet passen sich in diese Klangwelt Markus Sch�fers Kantabilit�t
und Gef�hlsintensit�t auf einen Nenner vereinender Belmonte und die in
Gesang und Spiel quirlige Blonde von Eir Inderhaug ein. Kristjan Moisnik
(Osmin) bringt seinen ebenso imposanten wie klangsch�nen Bass ein, dem
es jedoch in der Artikulation noch an prononcierter Randsch�rfe fehlt.
Nach der pausenlosen, die drei Aufz�ge der Oper in einem Akt zusammenziehenden
Auff�hrung verschaffte das entt�uschte Premierenpublikum seinem Unmut
mit st�rmischen Buhs f�r das Regieteam Luft. - Dennoch lohnt allein die
Konstanze von Jennifer Bird schon die Reise nach Bremen. (ct)
Karten unter (0421) 36 53 333 |
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