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(ÜBER-)LEBENSWILLEN
Nichts war's mit nostalgischer Opernsentimentalit�t:
in Zusammenarbeit mit der innovativen Associazone Lirica e Concertistica
Italiana er�ffnete das Teatro Grande in Brescia seine Stagione 2000 mit
einer f�r italienische Opern-Verh�ltnisse revolution�ren Bohème.
Da inszeniert Francesco Micheli eine Mimi, die mit unb�ndigem Lebenswillen
aus ihren unbefriedigenden Lebensbedingungen heraus will, am Ende mit
Glamour gegen die t�dliche Krankheit angeht, am Ende scheitert. Auf alle
F�lle: Sie hat die Gammelexistenzen aufgemischt und vielleicht Wirkung
erzielt. Micheli setzt dieses zeitgem��e Verst�ndnis mit vielen Regie-Einf�llen
im Detail theaterwirksam um, ist bem�ht, das junge Ensemble in darstellerische
Bewegung zu bringen.
Dabei hilft die routiniert-reduziert B�hne - schr�ge quadratische Fl�che
mit herausragender Rampe als wesentlichem Spielort - des erfahrenen Antonio
Mastromattei, der vor allem mit dem Schlussbild optisch brilliert. Mimi
als heller Fleck im b�hnenweiten Blumenfeld.
Das Orchester - I Pomeriggi Musicale aus Mailand - unter Giampaolo Bisanti,
wirkte bem�ht, fand aber nicht zu einem ad�quaten neuen Puccini-Klang,
�bert�nte h�ufig den Gesang. Gesang: Aus dem jungen Ensemble mit B�hnenerfolgen
bleibt Loredana Arcuri im Ged�chtnis; klarer lyrischer Sopran mit Kraft
und M�glichkeiten zur emotionalen Interpretation. Saverio Fiore konnte
das schwierige Gleichgewicht von B�hnendarstellung und perfektem Gesang
noch nicht erreichen, stimmlich blieb er blass. Wie das Ensemble �berhaupt
durch gl�nzendes Spiel gefiel, was allerdings zu Lasten der s�ngerischen
Brillanz ging. Auf dem Weg zu einem neuen italienischen S�ngertyp ist
da noch viel Arbeit zu leisten - aber der Anfang ist gemacht!
Der Serate Inaugurale ist als Beginn der j�hrlichen Opernsaison (bis Weihnachten
zw�lf Opern- und Ballettauff�hrungen von f�nf verschiedenen Werken) gesellschaftlicher
H�hepunkt der lombardischen Stadt: ein Riesenaufgebot von Carabinieri
und Polizia - auch beritten - bereitet den Empfang der Kommunen und Provinzherrlichkeiten
vor, der Plebs erreicht die Galerie im opulenten F�nf-R�nge-Haus �ber
eine Art heruntergekommenen Luftschacht; die herausgeputzte "Prominenz"
nebst aufgebrezelter Begleitung ist Mittelpunkt des Interesses, die Namen
der S�nger sind dem Personal unbekannt. W�hrend der Auff�hrung wird palavert,
man geht auch schon mal zur Toilette, packt blasiert S��igkeiten aus:
nix italienische Begeisterung, eher eine Spielart kulturellen Banausentums.
Tragisches Ambiente f�r Opernfans, die mit leuchtenden Augen den S�ngern
folgen und Puccinis Musik mit hei�em Herzen erwarten. (frs)
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