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Fakten zur Aufführung 

FIDELIO
(Ludwig van Beethoven)
3. Oktober 2004 (Premiere)

Theater Dortmund


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"Der Tabu-Bruch als Pointe?"

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Christian Pade

 

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Statisch

Der Paukenschlag zur Er�ffnung der neuen Spielzeit im Opernhaus Dortmund fiel in diesem Jahr �berraschend provokant aus. Mit lauten Buh-Rufen quittierten die Premierenbesucher Christian Pades Inszenierung von Beethovens Fidelio, die sich zwar durch eine neue Sicht auf den bekannten Opernstoff auszeichnete, �ber lange Strecken jedoch zu wenig ausdrucksstark verlief. Besonders die Interaktion der S�nger untereinander lie� eine verbindende Dynamik vermissen; viele Arien und Duette verloren durch die unbeweglich Richtung Publikum singenden Solisten ihr Beethovensches Pathos.

Aufgrund dieser k�rperlichen Statik vermochten auch die starken stimmlichen Leistungen von Kirsten Blanck als betont maskuline Leonore und Bart Driessen als zuh�lterischer Kerkermeister das St�ck lange Zeit nicht zum emotionalen Leben zu erwecken. Beachtlich auch die mimisch sehr ausdrucksstarke Selma Harkink als Marzelline und der energische Auftritt von Jochen Schmeckenbecher als Gouverneur, der allein f�r kurze Zeit ein Vorgef�hl der kommenden Dramatik erahnen lie�.

Dieser sp�rbare Mangel an Spannung griff auch auf das von Arthur Fagen gewohnt leidenschaftliche dirigierte Orchester �ber. Die unpathetische Auslegung der Partitur entsprach dabei der reflektierten Inszenierungsidee, verhinderte aber so erkenn- und h�rbare H�hepunkte. Gerade in den emotional st�rksten Momenten - dem Wiedersehen Florestans und Leonores und der Erkenntnis der Rettung - blieb die Idee Pades, beide Protagonisten an entgegengesetzten Ecken der B�hne (von Alexander Lintl d�ster als ein hoffnungsloser, auf zwei versenkbaren Ebenen strukturierter Staatsknast pr�sentiert) k�rperlich wie emotional unbewegt verharren zu lassen schwer nachvollziehbar.

Paul Lyon als ein Florestan, dem die zweij�hrige Kerkerhaft sichtbar nicht auf den K�rper, daf�r umso mehr auf die Stimme geschlagen zu haben schien, war zudem mit der Rolle des Heldentenors h�rbar �berfordert, was ihm lautstarke Buhrufe bescherte. Zu keinem Zeitpunkt schien die Distanz zwischen den Liebenden sich zu verringern.

Erst gegen Ende der Inszenierung zeigte Christian Pade zum Grande Finale seine eigene Interpretation des Opernstoffes deutlich: W�hrend der finalen Jubelarie nach der Befreiung Florestans l�sst Pade die verbleibenden Gefangenen nicht nur unbegnadigt im Gef�ngnis zur�ck, er l�sst sie durch Jaquino (Bj�rn Arvidsson) allesamt durch Gas umbringen. Diese Provokation, mit der er das Dilemma umgeht, �ber die Rettung des einen die unz�hligen �brigen politischen Gefangenen zu vernachl�ssigen, h�tte allerdings einer dramaturgisch besseren Vorbereitung bedurft.

Auch die Analogie zu den Vergasungen im Dritten Reich wirkte eher ungl�cklich gew�hlt und stie� beim Publikum auf Unverst�ndnis, bis hin zu Emp�rung - immerhin ein Indikator f�r die angesichts von Guantanamo immer noch hochaktuelle Brisanz des Stoffes und auch f�r die politische Sensibilit�t eines Teils des Publikums. (jan)


Karten unter (0231) 50 27 222




Fotos: © Stage Picture