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Statisch
Der Paukenschlag zur Er�ffnung der neuen Spielzeit im Opernhaus Dortmund
fiel in diesem Jahr �berraschend provokant aus. Mit lauten Buh-Rufen quittierten
die Premierenbesucher Christian Pades Inszenierung von Beethovens Fidelio,
die sich zwar durch eine neue Sicht auf den bekannten Opernstoff auszeichnete,
�ber lange Strecken jedoch zu wenig ausdrucksstark verlief. Besonders
die Interaktion der S�nger untereinander lie� eine verbindende Dynamik
vermissen; viele Arien und Duette verloren durch die unbeweglich Richtung
Publikum singenden Solisten ihr Beethovensches Pathos.
Aufgrund dieser k�rperlichen Statik vermochten auch die starken stimmlichen
Leistungen von Kirsten Blanck als betont maskuline Leonore und Bart Driessen
als zuh�lterischer Kerkermeister das St�ck lange Zeit nicht zum emotionalen
Leben zu erwecken. Beachtlich auch die mimisch sehr ausdrucksstarke Selma
Harkink als Marzelline und der energische Auftritt von Jochen Schmeckenbecher
als Gouverneur, der allein f�r kurze Zeit ein Vorgef�hl der kommenden
Dramatik erahnen lie�.
Dieser sp�rbare Mangel an Spannung griff auch auf das von Arthur Fagen
gewohnt leidenschaftliche dirigierte Orchester �ber. Die unpathetische
Auslegung der Partitur entsprach dabei der reflektierten Inszenierungsidee,
verhinderte aber so erkenn- und h�rbare H�hepunkte. Gerade in den emotional
st�rksten Momenten - dem Wiedersehen Florestans und Leonores und der Erkenntnis
der Rettung - blieb die Idee Pades, beide Protagonisten an entgegengesetzten
Ecken der B�hne (von Alexander Lintl d�ster als ein hoffnungsloser, auf
zwei versenkbaren Ebenen strukturierter Staatsknast pr�sentiert) k�rperlich
wie emotional unbewegt verharren zu lassen schwer nachvollziehbar.
Paul Lyon als ein Florestan, dem die zweij�hrige Kerkerhaft sichtbar nicht
auf den K�rper, daf�r umso mehr auf die Stimme geschlagen zu haben schien,
war zudem mit der Rolle des Heldentenors h�rbar �berfordert, was ihm lautstarke
Buhrufe bescherte. Zu keinem Zeitpunkt schien die Distanz zwischen den
Liebenden sich zu verringern.
Erst gegen Ende der Inszenierung zeigte Christian Pade zum Grande Finale
seine eigene Interpretation des Opernstoffes deutlich: W�hrend der finalen
Jubelarie nach der Befreiung Florestans l�sst Pade die verbleibenden Gefangenen
nicht nur unbegnadigt im Gef�ngnis zur�ck, er l�sst sie durch Jaquino
(Bj�rn Arvidsson) allesamt durch Gas umbringen. Diese Provokation, mit
der er das Dilemma umgeht, �ber die Rettung des einen die unz�hligen �brigen
politischen Gefangenen zu vernachl�ssigen, h�tte allerdings einer dramaturgisch
besseren Vorbereitung bedurft.
Auch die Analogie zu den Vergasungen im Dritten Reich wirkte eher ungl�cklich
gew�hlt und stie� beim Publikum auf Unverst�ndnis, bis hin zu Emp�rung
- immerhin ein Indikator f�r die angesichts von Guantanamo immer noch
hochaktuelle Brisanz des Stoffes und auch f�r die politische Sensibilit�t
eines Teils des Publikums. (jan)
Karten unter (0231) 50 27 222
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