|

Kultur und Leidenschaft
In D�sseldorf ist - endlich einmal - eine perfekte Opernauff�hrung zu
erleben, mit allen Ingredienzien wie aufw�hlenden Schicksalen, hinrei�endem
Gesang, nachdenklicher Inszenierung und magischer B�hne.
Alexandra von der Weth gelingt der endg�ltige Aufstieg in den Olymp des
Belcanto: von statuarischer priesterlicher W�rde, leidend an ihrer verlorenen
Liebe, voller Schmerz �ber den Untergang ihres Volkes; mit einer so hingebungsvollen
Stimme, dass es die G�tter r�hren muss: von kristalliner Klarheit in den
H�hen, voller Intensit�t in den sonoren Tiefen - und ganz ohne kaschierende
All�ren! Die Adalgisa des extraordin�ren Mezzos Jeanne Pilands ist eine
kongeniale Partnerin: weich und schwerm�tig flie�t ihre Stimme, korrespondiert
mit den Gef�hlen Normas. Gabriele Sade hat es schwer mit dem ambivalenten
Pollione, trotz angek�ndigter Indisposition schl�gt er sich tapfer, l�sst
ahnen, was sein Tenor leisten kann. Mit Christophoros Stamboglis ist ein
durchsetzungsf�higer, flexibel-volumin�ser Bass als Oroveso zu h�ren.
Der Chor (Gerhard Michalski) f�hlt sich offensichtlich wohl im Gesamt
des Geschehens, singt sehr gef�hlvoll-homogen und agiert individuell-kollektiv.
Die D�sseldorfer Philharmoniker unter John Fiore beginnen die Ouvert�re
nerv�s, steigern sich zu sensiblem Bellini-Wohlklang, vermeiden die Avancen
zu donnerndem Marsch und sentimentaler S��e, bleiben aber in der Rolle
der stimulierenden Begleitung.
Werner Schroeters Inszenierungskonzept gelingt das Kunstst�ck, individuelle
Leidenschaften mit historisch-aktuellen Konflikten zusammenzubringen.
Die Bedrohung gewachsener Kulturen durch �berm�chtige Zivilisationen wird
deutlich, pars pro toto sind anonyme Kinder im K�fig permanent auf der
B�hne; Pollione - als Vertreter der �bermacht - verbrennt nicht mir der
sich opfernden Norma; die magische Welt unterliegt - doch gibt es auch
hier ein Weiterleben: die Kinder verlassen ihren K�fig (fast wie das �berlebende
Kind in Wagners G�tterd�mmerung)! Die Botschaft ist klar: trotz Macht
und Vernichtung lebt die Hoffnung auf Spiritualit�t.
Barbara R�ckerts B�hne schafft mit verstreuten Rosen und leuchtenden Kerzen
an Kirchentage gemahnende Stimmung, baut einrucksvolle Mauer-Elemente
und platziert abstrakt-intensive Monumente: die Situation wird zum Assoziationsraum
exaltierter Gef�hle. Die Kost�me von Alberte Barsacq akzentuieren die
kulturellen Differenzen - konfrontieren "magische" Gew�nder mit variationsreichen
outfits westlicher Zivilisation. Wenn intensiv zugeschaut wird: eine fatale
Ann�herung an den kompromisslosen Clash of Civilizations. Und genau hier
liegt das intellektuelle Dilemma der Inszenierung.
Der sich selbst feiernden D�sseldorfer Szene-Szene ger�t die an den sensiblen
und intellektuellen Nerv gehende Trag�die zum spektakul�ren Event. Brutal-lautstarker
Applaus l�sst die Sensibilit�t vermissen, bejubelt die fantastischen Leistungen
der Akteure wie circensische Attraktionen, verweigert die Auseinandersetzung
mit der "Botschaft", ja protestiert beim Rausgehen gegen "unzumutbare
Regie" - was soll man dazu sagen? (frs) |
 |