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Varraten?
Obwohl bereits seit zwei Jahren im Repertoire der Hamburgischen Staatsoper,
vermag Peter Konwitschnys Don Carlos-Inszenierung immer noch einige Teile
des Publikums zu schockieren, ja deren Auffassung von Musiktheater vollkommen
zu pervertieren. Anlass gibt es dazu aber eigentlich nur einmal: in der
Autodaf�-Scene im dritten Akt. Und dort muss man sich tats�chlich fragen,
in wie weit Verdis Musik dem insgesamt sehr schl�ssigen Regiekonzept zum
Opfer f�llt. Denn: Pause und B�hnengeschehen gehen nahtlos ineinander
�ber, verschmelzen regelrecht. Sicherlich, grunds�tzlich ist jedes theatrale
Element zun�chst einmal erlaubt. Doch der Vorwurf, die Musik werde "verraten
an Pausenpalaver und Champagnerglasgeklimper", wie die ZEIT bereits zur
Premiere feststellte, ist nicht ganz von der Hand zu weisen.
Eine der gelungensten Regieideen ist hingegen das Intermezzo im dritten
Akt. Urspr�nglich als (an der damaligen Grand Opera obligatorisches) Ballett
komponiert, setzt Konwitschny Ebolis Traum als spie�ige Familienidylle
in Szene (ganz nebenbei: selbst das stie� bei einigen konservativen Teilen
des Publikums auf Ablehnung).
Allergr��ten Respekt verdient Ingo Metzmachers musikalische Umsetzung
der f�nfaktigen franz�sischen Fassung von 1867: Klarheit, Transparenz
und viel Liebe f�rs Detail.
Auf h�chstem Niveau agiert das Ensemble: Danielle Halbwachs verk�rpert
als Elisabeth de Valois souver�n die sich f�r ihr Volk opfernde K�nigin,
die ihre Liebe zu Don Carlos zu unterdr�cken versucht. Stimmlich mithalten
kann Jean-Pierre Furlan nicht mit ihr. Doch den manchmal der Realit�t
entglittenen Don Carlos nimmt man ihm daf�r umso mehr ab. Kraftvoll und
mit viel Volumen kommt Nadja Michaels Eboli daher (im Schleiertanz war
das schon fast ein wenig zuviel Power). George Petean gibt einen Marquis
de Posa von brillanter Klarheit. Auch Michail Schelomianski (Philippe
II) und Simon Yang (Gro�inquisitor) boten eine herausragende Leistung.
Zum Ende gab es die verdienten Standing ovations. Ausnahmen gab es aber
auch hier: Ein gleich neben mir sitzendes �lteres Ehepaar aber, das bereits
im Laufe der Vorstellung mehrmals seinen Unmut kundgetan hatte, verweigerte
am Schluss jeglichen Beifall. Was soll's - wer nicht zu differenzieren
vermag, dem ist auch nicht mehr zu helfen! (cd) |
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