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Fakten zur Aufführung 

PIQUE DAME
(Peter Tschaikowsky)
25. Mai 2993


Hamburgische Staatsoper





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Konventionen vor Einheitskulisse

Puschkins Novelle Pique Dame hat es in sich: Als eines der ersten psychologischen Sittengem�lde beschreibt die Erz�hlung n�chtern das Schicksal eines Au�enseiters in der adeligen, russischen Offiziersgesellschaft. Diese Vorlage hat der Bruder des Komponisten Modest Tschaikowsky auf den Kopf gestellt, um daraus eine Oper zu machen. Und dabei verfuhr er nach dem Motto: Psychologie kann sein, Romanze muss sein.

Daran �ndert prinzipiell auch die Inszenierung von Willy Decker nichts. Seine getreuliche Nacherz�hlung der Tschaikowsky-Adaption fand beim Hamburger Publikum trotzdem (oder gerade deshalb) gro�en Zuspruch. Inmitten der grauen Einheitskulisse von Wolfgang Gussmann - die er allerdings diesmal als variable Raumteiler einrichtete - entwickelte Decker die Geschichte vom Verlierertypen Hermann und seiner gro�en Liebe Lisa. Weshalb diese junge Frau aus gutem Hause Hermanns Liebe so enthusiastisch erwiedert bleibt allerdings das Geheimnis des Regisseurs.

Eine der wenigen Szenen, in der Lisas romantische Entscheidung f�r den mittellosen Hermann und gegen den gl�nzenden F�rsten Jeletzky ansatzweise erkl�rt wird - ein naives Sch�ferspiel spiegelt Lisas Entschluss - wurde gestrichen. Dass es um Hermanns Innenleben geht, wird bereits durch das erste Bild angedeutet: Hermann blickt mit der Waffe in der Hand auf ein sein �berlebensgro�es Konterfei.

Robert Brubaker brachte durch sein starkes Spiel die ganze Verletztheit und Verlorenheit dieses in sich selbst gefangenen Menschen zum Ausdruck. Das verr�ckte Verlangen nach Lisa zwingt den tendenziell autistischen Hermann zum Kontakt mit seiner Umwelt, den er schmerzhaft als permanente Herabw�rdigung seiner Person empfindet. Geld zu haben, nicht mittellos vor Lisa zu stehen, wird f�r ihn zur Zwangsvorstellung, die ihn auf schicksalhafte Weise mit der alten Gr�fin verbindet. Zu den st�rksten Momenten der Inszenierung geh�ren denn auch die Szenen, in denen Hermann und die Gr�fin mit sich selbst konfrontiert sind: Hermann erblickt sein eigenes Entsetzen, die Gr�fin die kalte Sch�nheit, die sie einmal war - nur die K�lte ist geblieben.

Die Massenszenen hingegen gerieten denkbar konventionell. Viel rauschender Stoff, hopsende M�dchen, schneidige Offiziere. Immer wieder dazwischen bedeutungsschwanger der Sensenmann und ein paar �berdimensionale Spielkarten - mit denen die Protagonisten sowieso die ganze Zeit besch�ftigt waren, ohne dass je wirklich die abgr�ndige und fatale Atmosph�re des Gl�cksspiels als einem Spiel um "Alles oder Nichts" aufkam.

Robert Brubaker verlieh seinem Hermann auch stimmlich Profil, obgleich er auf heldentenorale Eskapaden weitestgehend verzichtete. Ihm zur Seite stand Adrianne Pieczonka als Lisa: lyrisch, in allen Lagen durchsetzungsf�hig, variabel und mit wundersch�nen Obert�nen sowie einem gro�en Drang zur B�hnenrampe. Als sichere Bank im Charakterfach - und nicht nur da - erwies sich einmal mehr Julia Juon. Generalmusikdirektor Ingo Metzmacher unterst�tzte mit seinem trockenen und unpr�tenti�sen Dirigat vor allem die S�nger. Auch in den gro�en emotionalen Momenten blieb die Musik zur�ckgenommen und trat hinter das Geschehen auf der B�hne. Gro�er Applaus auch f�r ihn und die Hamburger Philharmoniker.

Fazit: Eine durchaus sehens- und vor allem h�renswerte Produktion mit einer guten S�ngerbesetzung. Neues �ber die Pique Dame erf�hrt man allerdings nicht. (sr)


Foto: © Thilo Beu