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Triebe und Getriebene
Regen prasselte unaufh�rlich auf das Dach des Festspielhauses Gut Immling,
der gro�en akustisch respektablen Reithalle. Sommerliche Roben waren an
diesem Abend aber in zweifacher Hinsicht schlecht gew�hlt: des Wetters
wegen, das verhinderte, dass der Festspielort im wundersch�nen Chiemgau
seine Reize entfalten konnte und wegen der fr�stelnden Don Giovanni-Deutung
Isabel Ostermanns. Ostermann wollte in Giovanni nur die schlechten, niederen,
brutalen menschlichen Triebe verk�rpert sehen. Der L�stling ist hier als
Person nicht integriert ins Geschehen, sondern nimmt nur als Allegorie
des allen Personen innewohnenden Triebes peripher daran teil. Mit irritierender
Konsequenz ist er gef�hlt vorhanden, bildet aber (fast) keinen szenischen
Bezugspunkt.
Die B�hne ist voller Statisten; M�nner, Frauen und Kinder, kreidebleiche
Zombies in fleischfarbenem Puffrock, allesamt Opfer des Triebhaften. Sie
gruppieren sich in drei hohen schwarzen Rahmen, die allein das B�hnenbild
Stephan von Wedels formen. Sie sind Voyeure des eigentlichen szenischen
Spiels Donna Annas, Leporellos, etc., die sich am Ende gleicherma�en in
die Reihe der Opfer stellen. So zerst�ren sie sich auch ohne Giovannis
reale Pr�senz selbst. Ostermann bezahlt ihre Sicht mit der Vernebelung
der Handlung, doch tragischer mit der Preisgabe des Humors und der musikimmanenten
Sinnlichkeit.
Leider taten sich die S�nger in solchem Ambiente schwer, eben der Sinnlichkeit,
dem positiven Aspekt des Triebes musikalisch Ausdruck zu verleihen. Einzig
Thomas Cooley, sonst mit etwas flachem Ton, gab in Don Ottavios Arie im
ersten Akt einen vielbeklatschten Eindruck von den entsprechenden M�glichkeiten
dieser Oper. Die Damen, allesamt noch junge Stimmen, neigten zur H�hensch�rfe.
Mishelina Kobaliani (Donna Anna) fehlte es an Tragf�higkeit, um die 17.
Reihe zu erreichen. Wie Shira Karmon (Elvira) f�hrte sie ihren Sopran
zu ungenau, um anzur�hren. Besser gelang Jacek Janiszewski ein Leporello
ohne stimmlichen Witz, der szenisch unangemessen gewesen w�re und Thomas
Hohenberger ein Masetto mit munterem Bass-Bariton. Theodor Carlson als
Giovanni hingegen sang ziemlich unkultiviert und differenzierte kaum in
Farbe und Ausdruck.
Zu allem �berfluss gelang es auch Heiko Mathias F�rster nicht, den Mozartschen
Gegenpart zum B�hnengeschehen zu beschw�ren. Die M�nchner Symphoniker
klangen matt und oftmals lustlos.
Das sympathische Publikum lichtete sich nach dem j�hen Ende ohne finales
Ensemble schnell. Doch wollten nicht alle ohne Buhs f�r die Regie nach
Hause gehen. (tv) |
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