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Wenn man sich an die Theaterzeitung
h�lt, geht es in Kassels "Onegin" um die "Idee der Freundschaft in Eisesk�lte";
das Programmheft allerdings insistiert auf "Zeitr�ume", auf einen "ontologischen
Zeitflu�" als Gegensatz zur "psychisch determinierten Zeit". Auf der B�hne
allerdings ist nur die panische Angst der Regisseurin (Antje Keiser) vor
Narrativem, vor glaubw�rdigen Charakteren zu erleben. Mit exaltierter
K�rpersprache im Stil des expressiven Ausdruckstanzes, mit enigmatischen
Verweisen auf Tschaikowski-Motive (Schwanensee) und demonstrative Verlegung
in eine marionettenhafte Kolchos-Szene ergeben sich Gelegenheiten f�r
intellektuelle Beobachtungen - nur die "Sensibilisierung f�r Gef�hle"
(Mortier) will sich nicht einstellen. Doch fasziniert das nahezu d�monische
Schlussbild: Tatjana und Onegin wie aneinander gefesselt!
Die S�ngerdarstellter werden mit diesem Konzept "gebrochener Realit�t"
physisch enorm beansprucht; desto gr��er der Respekt vor der stimmlichen
Kompetenz: Alexandra Klooses Olga zeigt die Variationsm�glichkeiten eines
ausdrucksstarken Alt; Friedemann R�hlig ist als Gremin einer der vielversprechenden
jungen B�sse; mit Andrej Dounaew ist ein lebhaft phrasierender Lenski
zu h�ren; Michaela Mehring ist eine souver�ne Larina ebenso wie Anja Schmidt
als Amme. Sebastian Bollacher (Onegin) kommt mit dem Regiekonzept nicht
klar, verliert dadurch auch an stimmlicher Ausdruckskraft; Petra Schmidt
beeindruckt durch schiere Selbstverleugnung, wenn sie z.B. bei der Briefszene
�ber eine gew�lbte Rampe krabbeln muss und dabei auch noch Tschaikowski-Wohlklang
verstr�mt - doch wirkliche Statur gewinnt sie erst als zerrissene Gremlina:
mit kraftvollen H�hen ohne Sch�rfen, mit hinrei�ender Leidenschaft!
Die B�hne von Hans Dieter Schaal - eine eiskalte Landschaft als Vorhangsprojektion
- konfrontiert zerbrochene Interieurs mit Ausblicken ins Unendliche: Inszenierungsidee
und optische Umsetzung finden zueinander.
Chor (Adrian M�ller) und Orchester des Kasseler Staatstheaters pr�sentieren
sich in Hochform. Arne Willimczik leitet sensibel, der "Sehnsuchtston"
wird h�rbar, vermittelt das, was der Szene abgeht: emotionales Mitleiden.
In Kassel scheinen sich die Irritationen einer theoretisch �berfrachteten
Produktion herumgesprochen zu haben: das Haus ist sp�rlich besetzt, doch
die Anwesenden gehen auf das Angebot ein - zum einen irritiert-zur�ckhaltend,
zum anderen individuell assoziierend und schlie�lich respektvoll zustimmend.
(frs) |
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