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Die Schöne
und der Lausbub
Von Thomas Vitzthum
Mit Rodelinda in der Deutung von Regisseurin Vivienne Newport erlebt man
keine Langobardenposse, sondern eine Aktualisierung, die Damen in Abendrobe
mit robusten Dreiwettertaft-Frisuren, die Herren elegant im Anzug und
Mantel. Reich und Sch�n, Schicki und Micki erheitern sich ihre Langeweile
in Beziehungskisten. Dieser Hintergrund liefert eine Erkl�rung f�r Bertaridos
Verschwinden: Wenn im zweiten Akt sein Gef�ngnis als Luxussuite gezeigt
wird, in die er frisch geduscht im wei�en Anzug eintritt und sich Freund
und Feind als Schatten der Vergangenheit um ihn scharen, dann wird die
Punkerfrisur des ersten Aktes verst�ndlich. Bertarido ist ein Aussteiger
aus Luxus und Ennui, der sich lieber mit Freund Unulfo herumtreibt.
Das B�hnenbild von Lukas Noll teilt den Raum diagonal, mittels eines wiederum
diagonal von gro�en Panoramafenstern durchbrochenen Bogens, in zwei Sph�ren.
Die B�hne wirkt so gr��er und weiter als sie ist, Bez�ge sind herstellbar,
die scheinbar nur der Zuschauer sieht. Leider ist die Regie mit dramaturgischem
Unsinn durchwirkt. Manche Rachearie kommt aus heiterem Himmel; dass Grimoaldo,
eben noch Zeter und Mordio singend, sich wegschicken l�sst (zum Zigarettenholen?),
um die knutschenden Ehegatten in ihrer Abschiedszene allein zu lassen,
wirkt mehr als unwahrscheinlich. Auch das Aussteigertum br�uchte im ersten
Akt mehr Rechtfertigung.
Annabelle Pichler (Rodelinda) und Monika Rebholz (Eduige) singen auf au�erordentlichem
Niveau. Vor allem der kraftstrotzende Mezzo von Rebholz war ein Erlebnis,
fantastisch ihre erste Rachearie. Nach anf�nglichen Intonationsschw�chen
stand auch Pichler mit beweglichem, dramatischem Sopran nicht nach. Die
Herren bleiben mit Ausnahme Piotr Rafalkos als d�sterer Garibaldo weit
dahinter zur�ck. Der Countertenor James Huw Jeffries ist ein perfekter
Aussteiger, nur dass er nicht nur aussieht wie ein Lausbub, sondern auch
so singt. Seine kleine intonationsschwache Stimme kippte oft ins Brustregister
und klang in den Rezitativen albern schelmisch. Das Orchester unter Basil
Coleman spielte �fter unsauber, daf�r scharf akzentuiert und mit Drive.
Das Publikum h�tte sich zur Leistung der Damen ruhig mit ein paar Bravos
aus seiner Zur�ckhaltung l�sen k�nnen. |
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