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Udo Zimmermann bietet in der Endphase
seiner ungemein erfolgreichen Leipziger Intendanz dem Leipziger Publikum
und den externen Opernenthusiasten einen absoluten H�hepunkt: John Dew
inszeniert einen nachdenklichen Ablauf hochintensiver Kommunikation in
den inneren Landschaften der Ungl�cklichen. Man ist geneigt, zu sagen,
er realisiert das movens des s�chsischen Mystikers Karl May "Die Seele
ist wie ein weites Land, in das wir fliehen". Das "weite Land" gibt die
geschwungene B�hnenfl�che Roland Aeschlimanns vor, mit Blicken in die
unergr�ndlichen Tiefen der menschlichen Entt�uschungen. Mélisande
ist - um bei Karl May zu bleiben - die "Menschheitsseele", ganz in Wei�,
abgehoben von den manisch schwer gekleideten anderen Figuren (delikate
Kost�me von Jose-Manuel Vasquez) und Symbol des un�berwindlichen Zustands
von ungl�cklichem Aktionsverzicht. Und wenn Golaud zwanghaft handelt,
tut er es als Ungl�cklicher, der seine Depression nicht beherrschen kann.
Diese Archetypen sind als Metaphern urmenschlicher Verzweifelung permanent
auf der B�hne - und dem regielichen Genius gelingt es in ungemein intensiven
Gesten, Bewegungen und Blickkontakten, das theatrale Bild der melancholischen
Sehnsucht nach dem unm�glichen Ausweg dem atemlosen Publikum zu vermitteln.
Diese sensitive K�rperlichkeit der Inszenierung realisieren S�ngerdarsteller
mit h�chster Konzentration: Magdalena Kozena ist eine wundersch�ngeheimnisvolle
Mélisande mit einer seidenweichen Stimme, die alles Geheimnisvolle
transportiert und eine Atmosph�re unendlicher Melancholie im Auditorium
verbreitet. Der Golaud wird von Vincent Le Texier in enormer Dynamik charakterisiert,
�berrascht, liebend, enthusiastisch, misstrauisch, w�tend, verzweifelt
- eine Glanzuleistung baritonaler M�glichkeiten. Dagegen bleibt der Pelléas
Brett Polegatos eher eindimensional-lyrisch, aber sehr ergreifend. Die
emotional bewegende St�rke der m�rchenhaften Intensit�t liegt in der Kompetenz
ihrer S�nger; ein unbegreiflich harmonisches Ensemble beeindruckt durch
h�chste Konzentration und intensiv-perfektes Singen.
Die impressionistische Komposition Debussys ist wohl noch nie so differenziert
pr�sentiert worden wie durch das Gewandhausorchester Leipzig mit Marc
Minkowski als total engagiertem Dirigenten, der die schier unvorstellbaren
M�glichkeiten der Versammlung hochkar�tiger Einzelk�nner zum schwebenden
Klang der Instrumente suggestiv zusammef�hrt.
Das Publikum reagiert hingerissen ob der g�ltigen Deutung, der bewunderten
Solisten und des enthusiastisch gefeierten Orchesters. Man wird lange
zur�ckdenken m�ssen, um auf einen solch triumphalen Erfolg der traditionsreichen
Leipziger Oper zu sto�en. St�rend: eine blasierte Bande von Kritiker-Darstellern,
die Notizen machen, statt auf die B�hne zu gucken; sich dem Applaus verweigern
und herablassend das begeisterte Publikum mustern. Woher nehmen diese
Leute blo� die Chuzpe, anderen ein Urteil zu vermitteln? Wer auf beckmesserische
Rezensionen sto�en sollte: alles schiere Ignoranz. Leipzigs "Pelléas
und Mélisande" ist der H�hepunkt der Opernsaison 2001! (frs) |
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