Rezensionen     Kommentare     News     Backstage     Befragung     Links     Kontakt     Impressum    Wir über uns
     

Fakten zur Aufführung 

DIE TROYANER
(Hector Berlioz)
29. November 2003 (Premiere)


Oper Leipzig




Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Bildhaftigkeit

Den Mythos der Trojaner in Form einer episodisch erz�hlten Theatergeschichte darzustellen, die durch die Erinnerung an vergangene Epochen einen rasanten Schnelldurchlauf durch die "Kulturgeschichte" verspricht, erfordert Geschick, aber noch viel mehr: n�mlich phantastisches Denken. Die Inszenierung von Berlioz' Les Troyens durch Guy Joosten an der Leipziger Oper versuchte diesem selbst ernannten Kulturerbeanspruch gerecht zu werden, schuf jedoch damit nicht eine Vertiefung der Geschichte und der Charaktere, sondern nur eine bildhafte Umrahmung f�r die einzelnen szenischen Momente.

Unter der Mithilfe von Johannes Leiacker (B�hne) und Jorge Lara (Kost�me) wurde eine Szenerie geschaffen, die vom klassischen Theater Griechenlands �ber mittelalterliche und barocke Theaterpraktiken bis hin zum Brechtschen Theater und dem Theater der Gegenwart f�hrte. Die letzte Szene und damit die Ankunft im modernen Theater sollte nicht mehr das zuvor allgemein symbolische Verhalten des Menschen verdeutlichen, sondern zu den inneren Vorg�ngen vordringen; doch das Bild der sterbenden Didon, die auf Kamera aufgenommen und auf die Leinwand projiziert wurde, erzielte eher eine kalte und leere Szenerie. Der spielerische Umgang mit den Mitteln des Theaters hinterlie� keine Spuren; er malte Bilder, trug aber nicht zur Auseinandersetzung mit den Charakteren und ihren Beziehungen bei.

Es waren damit nicht die szenischen Details, die das St�ck lebendig werden lie�en, sondern die Darsteller, die die Facetten der Charaktere in einzelnen Momenten aufleuchten lie�en. Als herausragend ist Nadja Michael in ihrer ausdrucksstarken Interpretation der Cassandre zu nennen. Ihr Gesang beeindruckte in einf�hlsamen und zugleich dramatischen Partien und verband sich so mit ihrem Spiel zu einem �berzeugenden Rollenportr�t. �n�e, dargestellt durch Robert Chafin, der sich vor allem durch eine kraftvolle Stimme auszeichnete, erf�llte mit W�rde seinen schicksalhaften Auftrag und hinterlie� Didon, verk�rpert von Cornelia Helfricht, deren stimmliche Virtuosit�t, bis auf einzelne Grenzg�nge in h�heren Lagen, �berzeugte.

Des Weiteren bildeten Ain Anger als standhafter Panth�e, Tommi Hakkala als facettenreicher Chor�be, Marika Sch�nberg als melodi�ser Ascagne und James Moellenhoff als volumin�ser Narbal ein Ensemble, das sich sehen und h�ren lassen kann. Die gesamte Handlung wurde stets von einem bravour�sen Chor umrahmt, der beeindruckend das anspruchsvolle Niveau, trotz seiner Minderzahl von 100 Choristen (Berlioz wollte 200-300), ausf�hrte.

Das herausragende verbindende Moment bildete jedoch das hervorragende Gewandhausorchester unter der Leitung vom Bayreuth-erfahrenen Marc Albrecht. Er hielt den musikalischen Bogen stets gespannt und verstand es, die differenzierten Vorgaben von Berlioz in musikalische Sprachgebilde zu verwandeln und den Zuh�rer an das Geschehen zu fesseln. So wurde neben der an Bildhaftigkeit orientierten Inszenierung ein musikalisches Niveau erreicht, das die f�nfst�ndige Oper in eine interessante und eine bereichernde Auff�hrung verwandelte. (mk)




Fotos: © Andreas Birkigt