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Fakten zur Aufführung 

LULU
(Alban Berg)
28. April 2004


Bayerische Staatsoper München




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Vielschichtig

Ein zarter Frauenk�rper in wei�er Unterw�sche liegt blut�berstr�mt auf einer Krankenliege, eine Axt zwischen die Beine gesteckt, das Gesicht ist durch den Bildrand fast abgeschnitten, im Hintergrund liebliche Tierfiguren einer Kindertapete. So zeigt der Regisseur David Alden das Bild Lulus, das im ersten Akt entsteht und wie ein roter Faden durch das ganze St�ck hin immer wieder auftaucht. Ein Bild von Gewalt und Missbrauch, von perverser Phantasie und doch gro�er Anziehungskraft.

Die Handlung ist von Deutschland am Ende des 19. Jahrhunderts nach Amerika Ende des 20. Jahrhunderts verlegt. Lulus Geschichte beginnt und endet in der sauberen Heile-Welt-Umgebung amerikanischer Vorst�dte (B�hne Giles Cadle). Hier wird sie im Prolog vom Tierb�ndiger (Jacek Strauch) als Objekt der Begierde, als gef�hrliches Tier vorgef�hrt. Doch zeigt uns Alden dazu ein M�dchen im Puppenkleidchen, in kindlicher Verspieltheit.

Margarita De Arellano verk�rpert diese Lolita perfekt und hat dabei die stimmlichen Mittel, der Person Lulu gro�e Tiefe zu verleihen. Nachdem Lulus Ehemann im Atelier des Malers beim Anblick der Kopulierenden der Schlag getroffen hat, heiratet der Maler (Will Hartmann) Lulu und macht mit dem Verkauf ihres Bildes ein Verm�gen. Dann tauchen zwei weitere M�nner aus Lulus Vergangenheit auf, die das Bild des Malers von seiner Traumfrau - er nennt sie Eva - zerst�ren und ihn in den blutigen Selbstmord mit der Rasierklinge im Bad treiben: Doktor Sch�n (Tom Fox), bei dem Lulu aufgewachsen ist und der alte Penner Schigolch (Franz Mazura), den Lulu ihren Vater nennt. Der mit seinen 80 Jahren unglaublich vitale Franz Mazura gibt dieser Figur gro�e Intensit�t. Verk�rpert er doch Lulus Herkunft aus der Gosse, wohin sie am Ende auch zur�ckkehren muss.

Wie Lulu es gelingt, ihren G�nner Dr. Sch�n zur Heirat zu zwingen ist einer der H�hepunkte im St�ck. Margarita De Arellano kann dank einer soliden t�nzerischen Ausbildung in einer aufwendigen Choreographie (Beate Vollack) hier parallel zum anspruchsvollen Gesangspart die Beine ihres Luxusk�rpers bis ans Ohr werfen und eine broadway-reife Show abziehen. Allerdings macht Lulu auch diese Ehe nicht gl�cklich, sie h�lt sich paillettengewandet vor den Augen ihres Mannes im schicken Penthouse diverse Liebhaber einschlie�lich dessen Sohn Alwa (John Daszack) und der lesbischen Gr�fin Geschwitz (Katarina Karn�us) und bringt Sch�n schlie�lich um. Dann folgen Gef�ngnis und Flucht.

Der dritte Akt, der nach Bergs Tod von Friedrich Cerha vervollst�ndigt wurde, spielt eigentlich in Paris, bei Alden allerdings in einem Flughafen, wo Lulu inmitten des Ensembles als bunter Touristenhaufen dubiose Aktiengesch�fte t�tigt, die nur kurzzeitig Geld bringen. Nach erneuter Flucht vor der Polizei wartet das bittere Ende als Prostituierte durch Jack the Ripper (wieder Tom Fox), der auch als Gestalt des Dr. Sch�n oder einfach als der Tod gesehen werden kann.

Die komplexe, vielschichtige Aussage des Textes findet in Bergs Komposition einen musikalischen Spiegel und das Bayerische Staatsorchester h�lt ihn dem Publikum unter Michael Boders Leitung geschliffen und klar vor. Optisch wie akustisch wird man von Anfang bis Ende gefesselt, was zwar auch ersch�pft, doch ein seltenes Erlebnis in der Oper ist. Die S�nger sind alle hervorragend, sowohl stimmlich wie darstellerisch, stets mit vollem Einsatz in ihrer Rolle und meist gut zu verstehen.

Das Publikum honorierte diese erstklassigen Leistungen angemessen und entsprechend den verbleibenden Kr�ften nach einem derart intensiven Erlebnis. (if)


Karten unter (089) 21 85 19 20






Fotos: © Wilfried Hösl