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Terror
Wann erlebt man in M�nster standing ovations - bei einem Publikum, in
dem Provinziell-Bornierte durch nichts zu erreichen sind, andere Hemmungslos-Begeisterte
an atemraubenden Stellen die zuckenden H�ndchen zusammenknallen, Opernhuschen
ins fortdauernde trauliche Zwiegespr�ch versinken, wieder andere die Oper
als Ort ihrer Hustenattacken pr�ferieren? Und so wurden die ersten respektvoll-enthusiastisch
Aufstehenden zun�chst murrend zum Sitzen aufgefordert - aber schlie�lich
setzte sich doch die Erkenntnis durch, eine sensationelle Auff�hrung angemessen
zu w�rdigen. In M�nster ist eben alles anders.
Dietrich Hilsdorfs Inszenierung steigert seine Essener Version in extrem
bedr�ngende Szenen des Terrors, beginnt mit einer brutalen Folterszene
am Grab Karls V., zeigt in bewegenden Details die B�sartigkeiten, die
Menschen anderen Menschen antun - wenn das Machtsystem auf blutigen Terror
gr�ndet. Dazu erinnert er sich seiner stupenden F�higkeit, aggressive
Beziehungen hautnah zu inszenieren, die Menschen in ihrer Brutalit�t,
Hilflosigkeit und Ambivalenz zu zeigen. Das Autodaf� ger�t zu einer menschenverachtenden
Gewaltorgie unter der Macht des Klerus. Die Pointe ist umwerfend: Carlo
fl�chtet sich in die Arme des Gro�inquisitors.
Dieter Richters B�hne ist ein hermetischer Kerkerraum, �berstrahlt durch
aggressive Lichtfluter, das Folterbett als zentraler Ort des individuellen
und strukturellen Terrors. Renate Schnitzers Kost�me zeigen die Akteure
in dunklen unheildrohenden Alltagsgew�ndern.
Alex Vincens als Carlo ist eine sensationelle Verdi-Stimme: voller Holianita,
mit ungebrochener Kraft in allen Lagen, dabei emotional bewegend und darstellerisch
als schwankend-unbegriffener feiger Volksheld, Freund und Liebhaber von
exzeptioneller Ausstrahlung. Stefan Adam ist ein kalkulierend-zwielichtiger
Posa, weit weg von Schillers idealistischem Helden, mit vollem Bariton
ohne jede Schw�che! Georg Zeppenfeld gibt einen brutalen Philipp, seine
gespielte Nachdenklichkeit wird in der gro�en Arie zu einer eher verhalten
angelegten Arie zu einer intensiv-differenzierten Charakterstudie mit
differenziertem Klang. Neben dem diabolisch agierenden und ebenso klingenden
Gro�inquisitor Kevin Bells ist es schwer, die weiblichen Akzente zu setzen:
Ines Cromes Elisabeth ist eher hilfsloses Opfer als aktiv Handelnde, vermag
ihren intakten dramatischen Sopran ergreifend einzusetzen, Anna Maria
Di Miccos Eboli ist darstellerisch eine Eboli als giftige Schlange, hat
einen kraftvollen Mezzo, aber Probleme in den H�hen-Attacken. Die akzentuierenden
"kleineren" Rollen sind in M�nster typengerecht mit stimmlicher Kompetenz
besetzt. Und der Chor - auch im Zuschauerraum souver�n agierend - artikuliert
in voller Kraft (Leitung Peter Heinrich) mit imaginativem Ausdruck.
Will Humburg treibt das Symphonieorchester der Stadt M�nster zu dramatischen
Kl�ngen, powert in extremen tutti, kostet spannungssteigernde Pausen dramatisch
aus und unterst�tzt die phantastischen Solisten mit stimulierendem Brio.
Verdis "Don Carlo" - in M�nster ein Opern-Ereignis von h�chster Intensit�t.
(frs)
Karten unter (0251) 41 467-100 |
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