|

Zerdehnt und gestreckt
Die Staatsoper N�rnberg ruft sich rechtzeitig, bevor es jemand anderes
tut, zum Gluckzentrum aus. Im n�chsten Jahr sollen internationale Gluckfestspiele
diesem Anspruch Rechnung tragen. Mit der Premiere von ,Orfeo ed Euridice'
in der italienischsprachigen Wiener Fassung von 1762 kann man bereits
jetzt eine von vier Opern erleben, die dann auf dem Spielplan stehen werden.
Doch Hand aufs Herz, ein europ�isches Gluckzentrum sollte in der Auff�hrungspraxis
und durch den exemplarischen Wert seiner Inszenierungen Standards setzen.
Beides ist in N�rnberg nicht geschehen.
Die Regie von Olivier Tambosi arbeitet mit starken Bildern, beeindruckenden
Lichtwirkungen und sehr statischen, oft qu�lend zerdehnten Gesten. In
schwarzem Hosenanzug gibt Orfeo einen Musiker, dessen arg psychopathische
Notenkritzelei den ansteigenden Raum zwischen dem dreifach gespiegelten
Proszenium des Opernhauses mit viel Papier f�llt, an dem sich der Chor
in leinfarbener Alltagskleidung zur rechten Zeit bedient (Ausstattung:
Frank Philipp Schl��mann).
Der Tod seiner Euridice hat Orfeo apathisch und absolut verzweifelt zur�ckgelassen.
Ihr Hab und Gut in einem wei�en Plastiksack an sich gedr�ckt, schmiert
er sich mit Schminke eine wei�e Totenmaske mit schwarzen Lippen ins Gesicht,
die er bis zum Schluss aufbeh�lt. Auch die Furien als fast unbewegliche
Schatten Orfeos tragen diese Maske. Dabei weicht der Ausdruck von Edvard
Munchs Gem�lde ,Der Schrei' minutenlang nicht aus ihren Gesichtern. Die
starke Bildersprache bleibt jedoch kalt. Die antinaturalistische Haltung
der Inszenierung opfert auch das Ballett, wodurch lange leere Augenblicke
ungef�llt bleiben. Die wichtige Szene des Wiedersehens der beiden Protagonisten
bleibt extrem tr�ges, ber�hrungsloses Stehtheater.
Tr�ge gibt sich auch die Musik. Philippe Auguin l�sst bereits die Ouvert�re
mit seinem kleinen Orchester eckig und massiv aufstampfen. Sp�ter strecken
sich viele Arien zu langatmigen Gebilden, denen es an Sauberkeit der Begleitung,
Akzentuierung und Spannkraft mangelt. Barockmusik von vorgestern.
Die S�ngerin des Orfeo bleibt im Kontext von Regie und Dirigat leider
blass. Frances Pappas verf�gt �ber einen sch�nen, etwas k�hlen Mezzosopran,
der sich nie ent�u�ert, aber Ersch�tterung durchaus nachvollziehbar macht.
Erotik und Verf�hrung von Orfeos Gesangskunst sind jedoch nicht genug
abgebildet. Die kesse Siphiwe McKenzie und Sabina von Walther sind sich
in ihrem hellen, gl�ckchenreinen Stimmklang �hnlich und ad�quate Besetzungen
Amors und Euridices. Der sehr gute Chor gibt sich wandlungsf�hig, b�rbei�ig
kl�ffend als Furien und ansonsten erstaunlich zur�ckhaltend.
Warum das Publikum nur die Inszenierung mit wenigen Buhs bedachte, die
schwache musikalische Leitung Auguins aber bejubelte, kann nur aus dem
Kultstatus erkl�rt werden, den der selten auftretende GMD mittlerweile
genie�t. (tv)
Karten unter 0180 13 44 276 |
 |