WOLKENSTEIN
(Wilfried Hiller/
Felix Mitterer)
6. März 2004 (Uraufführung)
Staatstheater Nürnberg
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S�dtiroler Welttheater
"Eine Lebensballade" haben der Komponist Wilfried Hiller und der Librettist
Felix Mitterer ihre Oper �ber den letzten Minnes�nger Oswald von Wolkenstein
genannt. Tats�chlich begegnet dem Publikum im N�rnberger Opernhaus ein
ganzes irdisches Leben, vom fr�hkindlichen Erweckungserlebnis bis zum
Tod eines gebrochenen, greisen Mannes. In acht Bildern ziehen Stationen
eines unsteten K�nstlerdaseins vorbei, kommen Frauen und gehen wieder,
kommen K�nige, P�pste und gehen wieder.
Oswald, in der b�hnenwirksamen Verk�rperung durch den gro�en Bariton Bernd
Weikl bleibt, wenngleich ihm die drei frauengeilen, badenden P�pste auf
dem Konzil von Konstanz oder sein skurriler Herr, K�nig Sigmund, bisweilen
die Schau stehlen. Das liegt mit daran, dass Oswald in der m��igen Regie
der Filmregisseurs Percy Adlon (seiner zweiten Opernregie) oft zu larmoyant,
unendlich beladen und traurig wirkt. Sein ledernes Rockeroutfit, das ihn
von den �brigen kuriosen "mittelalterlichen" Kost�men (Renate Stoiber)
abhebt, und die derben, sexualisierten Texte seiner Lieder, konkurrieren
mit einer augenf�llig romantischen K�nstlerauffassung. Anstatt einen ganzen
Lebemann zu zeigen, ergeht sich die Oper in der Ausbreitung eines Tannh�userverschnitts.
Hiller hat fast zwei Dutzend originale Melodien Wolkensteins verarbeitet.
Diese Lieder, die mittelhochdeutsch gesungen und neudeutsch �bertitelt
werden, tragen die Hauptlast der Oper. In ihrer Ver- und Bearbeitung hat
Hiller einiges geleistet. Auf der B�hne platziert er Wolkensteins Band
mit Zither, Hackbrett, Harfe, Fl�te, Tamburin, Streichern, im Graben viel
Schlagwerk und eine klangsinnliche Glasharfe. So entsteht eine Musik,
die im Dialog mit verschiedenen (Handlungs)-Ebenen steht, die humorvolle
Gershwinrhythmen f�r Wolkensteins Diener Sch�berlin und zarte Elysiumkl�nge
f�r die Wildfrau Anterm�ya kennt.
Doch letztlich hebt die Musik den umf�nglichen Plot und den Text Mitterers
nicht �ber ein "S�dtiroler Welttheater" hinaus. Die N�he etwa zu Carl
Orffs bayerischem Welttheater (Die Bernauerin) klingt nicht nur aus Hillers
Musik, sondern ist auch sonst evident. Die viel zu �ppigen im S�dtiroler
Dialekt eingef�rbten Sprechszenen, die arg bem�hte esoterische Erleuchtung
Wolkensteins zum S�nger, die Konfrontation eines Einzelschicksals mit
den verwirrenden politischen Intrigen seiner Zeit, das alles bleibt an
der Oberfl�che, episodisch und hat unleugbare L�ngen.
Percy Adlon bebildert die Episoden zur�ckhaltend in lediglich angedeuteten
Kulissen, deren Hauptelement eine b�hnenbreite, transparente und bewegliche
Projektionsfl�che darstellt. Dar�ber hinaus hat Hartmut Sch�rghofer Wolkenstein
ein quadratisches Gef�ngnis erbaut, seine sonnenlose Burg Hauenstein.
Adlon h�tte gut daran getan, die langen Sprechszenen zu beschleunigen,
zu verdichten. So droht nicht der Dialog, sondern das gesungene Wort zum
�sthetischen Fremdk�rper zu werden.
Bernd Weikl hat sich lange mit dem Wunsch zu dieser Oper getragen, entsprechend
aufrichtig wirkt sein Spiel. Sein kraftvoller, sonorer, warm timbrierter
Bariton erf�llt besonders den mittelhochdeutschen Text mit virilem Leben.
Daneben gibt Hiller nur noch Anterm�ya/Anna vergleichbar musikalisches
Gewicht. Frances Pappas' Mezzo bl�ht bereits in ihrem ersten Lied in ladinischer
Sprache (einer an Wolkensteins Melodik orientierten sehr sch�nen Erfindung
Hillers) wundervoll auf, ihre Stimme verstr�mt Sinnlichkeit und Erotik.
Fabrizio Ventura leitet die Orchester im Graben und auf der B�hne versiert
und engagiert, l�sst der Musik Zeit, ihre klanglich differenzierten M�glichkeiten
zu entfalten.
Am Ende galt der donnernde Applaus vor allem Hiller und Weikl, doch mischten
sich in den Jubel ebenso durchsetzungsf�hige Buhs. (tv)
Karten unter (0180) 13 44 276
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