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Fakten zur Aufführung 

DER GOLDENE HAHN
(Nikolaj Rimskij-Korsakow)
25. März 2005 (Premiere)

Oldenburgisches Staatstheater

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Gerhard, Münte und Joschka

Dodon (Juri Batukov sängerisch und darstellerisch beieindruckend, stimmgewaltig) möchte ausruhen, das Leben genießen. Doch der Herrscher kann sich nicht auf seiner Position sicher fühlen. Seine politischen Gegner setzen ihm zu. Seine Söhne Prinz Gwidon (Rolf Romei) und Prinz Afron (Paul Brady) geben ihm wenig brauchbare Unterstützung, ebenso wie General Polkan (Henry Küchli).

Da kommt ein geheimnisvoller Astrologe gerade recht, der Dodon als Lebenshilfe einen Hahn anbietet, der ihn vor Gefahren warnen kann. Endlich meint Dodon, sich wieder auf die faule Haut legen zu können, denn der Hahn arbeitet an seiner Stelle. Und schon kräht das Wundertier. Die Söhne werden in die Welt hinausgesandt, um die Probleme zu meistern – leider ohne Erfolg. Wie vom Himmel geschickt erscheint nun die Königin von Schemacha (Irina Wischnizkaja, erotisch blühend, stimmlich bisweilen fast etwas schrill) und überredet ihn zur Heirat – aus politischen Gründen. Das Volk erfährt von der neuen Verbindung. Jetzt fordert der Astrologe seine Belohnung ein für das Geschenk des Hahns. Er will die Königin. Dodon weigert sich, wird deswegen vom Hahn umgebracht. Mit letzterem wiederum verschwindet die Königin. Das Volk bleibt traurig zurück. Wer kann ohne Herrscher leben?

Nikolaj Rimskij-Korsakow lehnte seine letzte Oper an einen Text von Alexander Puschkin an. Es ist ein Märchen und trägt so viel dramatisches Potential in sich, dass es auch heute zu aktuellster Regie inspiriert. So geschehen jetzt in Oldenburg. Da hat Regisseur Andreas Baesler die Handlung in die jüngste Vergangenheit der Bundesrepublik Deutschland hineinverfrachtet, großflächig im Hintergrund der lädierte Bundesadler. Dodon steht unverwechselbar als Gerhard Schröder auf der Bühne. Amelia (Alexia Basile) ist hier als Sekretärin für jede Art von Wohlbefinden ihres Chefs zuständig. Wir erkennen auch Müntefering (roter Schal) und Joschka Fischer (Turnschuhe) und manche andere Parteigröße. Ein Laptop verkörpert den Hahn, gekoppelt an zurückhaltend eingesetzte und deshalb optimal wirkungsvolle Videoinstallationen. In vielen wunderbaren und sorgfältig bis ins Detail ausgearbeiteten Regieeinfällen entwickelte Baesler ein spannendes Szenario um Macht, Liebe und Verlust.

Olaf Storbeck führte das Oldenburgische Staatsorchester mit Verve durch die Partitur, ließ keine Wünsche offen im Sinne des Gesamtkunstwerks.

Die Sänger überzeugten im Ensemble. Jeder bot persönliche Bestleistung, gestaltete zur Freude des Publikums. Der relativ verhaltene Schlussapplaus erklärt sich nur aus der prallen Gedankenfülle, die den Zuschauer erst wieder ins Hier und Jetzt zurückfinden lassen musste. (gh)


Fotos: © Christian Bort