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Fakten zur Aufführung 

DER LIEBESTRANK
(Gaetano Donizetti)
9. Juni 2005 (Premiere)

Oldenburgisches Staatstheater

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Gemäßigt modern

Allerbester Belcanto-Gesang in Oldenburg – ein Widerspruch in sich? Noch immer wird die Musiktheater-Kultur der niedersächsischen Stadt an der Hunte eher nur regional geschätzt. Schade, denn es gibt dort viel zu versäumen. So zum Beispiel diese wunderbare Inszenierung eines Werkes aus dem Standard-Repertoire. Da kommt Gaetano Donizettis „Der Liebestrank“ mit einem musikalischen Drive und einer geschmackvollen passend gemäßigt modernen Inszenierung (Philipp Kochheim) daher, sodass für den Zuschauer keine Wünsche offen bleiben.

Der Regisseur verlegte die Geschichte um die Liebe Nemorinos (Daniel Behle) zu Adina (Anja Metzger), die beide erst nach vielen Irrungen und Wirrungen und eben mit Hilfe eines sogenannten Liebestranks, hergestellt mittels eines gepanschten Rotweins des Scharlatans Dulcamara (Henry Kiichli), zueinander finden, in ein Warenhaus der 20er Jahre. Nemorino fristet ein unzufriedenes Leben als Verkäufer in der Herrenabteilung, zusätzlich belastet durch die heimliche Liebe zu seiner Kollegin in der Damenabteilung, die er täglich sieht, ihr aber nicht so nahe sein kann, wie er es sich so sehnlich wünscht. Außerdem stört Belcore (Paul Brady) als eitler Abteilungsleiter, der ebenfalls an der bildhübschen Adina interessiert ist und das auch offen zeigt. Zu allem Überfluss kommt noch Dulcamara, als Faktotum im Betrieb beschäftigt, dazwischen. Der glaubt, mit seinem teuer verkauften Liebestrank nicht nur eine gute Geschäftsidee verwirklicht zu haben, sondern gleichzeitig ein gutes Werk als Kuppler zu tun. Die weitere Handlung ist bekannt: Adina plant die Hochzeit mit Belcore am nächsten Tag. Nemorino muss sich beeilen, um doch noch das Herz Adinas zu gewinnen, tankt mit weiterem Alkoholgenuss weiteres Selbstbewusstsein. Doch seine Schulden für den teuren Zaubertrank des Geschäftemachers steigen bedrohlich an. Er unterschreibt einen Vertrag bei der Fremdenlegion, legt das Handgeld in einer weiteren Flasche an. Im letzten Moment zerreißt Adina die Papiere. Nemorino beginnt zu ahnen, dass er doch nicht vergeblich um die junge Frau geworben hat. Das Happyend ist vorbereitet.

Kochheim gelingt es, trotz der Fülle seiner Regieeinfälle und Ideen das Gleichgewicht zu wahren, nicht mit Bildern zu überfrachten und in die Aktionismusfalle zu tappen, sondern stets im homogenen Zusammenspiel mit der betörenden Musik eine Einheit zu erreichen.

Das hätte er nicht erreichen können ohne die hervorragenden Sänger-Darsteller, die ihm glücklicherweise zur Verfügung standen. Allen voran sind da zu nennen Daniel Behle, der mit betörender Stimmqualität und Darstellungskraft den Kern der Rolle übertrug, die nicht zuletzt in seiner wunderbaren Präsentation der berühmten Arie „Una furtiva lagrima“ gipfelte. Mindestens gleichberechtigt in allen Belangen zur Seite stand ihm Anja Metzger, die neben all ihrer künstlerischen Kompetenz noch mit einer Stepptanz-Einlage begeisterte. Cordula Schmieg überzeugte als draufgängerische Gianetta, die sich mit Verve an Belcore heranwirft, nachdem der von Adina abgelegt wurde. Ebenso alle anderen Mitwirkenden boten pure Spielfreude, gaben dem Werk neuen Glanz.

Das war u.a. auch der Choreographie von Ian Owen und Lesley Hardcastle zu verdanken, der Kostümgestaltung von Ursula Heller, dem Bühnenbild von Thomas Gruber und dem Chor von Thomas Bönsch. Dirigent Eric Solen, der leider das Oldenburger Haus verlässt, verantwortete die souveräne inspirierende musikalische Umsetzung.

Kaum vorstellbar, dass dieser beglückende Abend noch ein weiteres Highlight finden konnte. Eine Preisverleihung war der krönende Abschluss. Erstmals wurde der Erna-Schlüter-Preis für herausragende Sängerleistungen vergeben. Die mit 3000 Euro dotierte Auszeichnung wurde noch vor dem letzten Vorhang von den Stiftungsgründern an die beiden Hauptdarsteller Anja Metzger und Daniel Behle verliehen, die noch mit den übrigen Protagonisten die ausklingenden Beifallsbekundungen genossen. Angeblich soll es Zufall gewesen sein, dass die beiden Sänger erst auf der Bühne von ihrer bevorstehenden Ehrung erfuhren. Doch deren ehrlich gezeigte Reaktion der Überraschung war eindeutig glaubhaft und sympathisch. Beide haben das Potential für eine internationale Karriere.


Fotos: © Jörg Landsberg