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Da Capo al Fine
Lange tobte das Publikum im Oldenburgischen Staatstheater, trampelte begeistert mit den Füßen, konnte kaum glauben, dass die Vorstellung schon vorbei war. Ein „Da capo al fine“ lag in der Luft. Nach 90 Minuten bester Opernarbeit war alles vorbei. Es war wie ein Traum – fast zu schön, um wahr zu sein.
Elisabeth Stöppler zeigte ihre wunderbare Inszenierung von Glucks „Orphee et Eurydice“, hier in der Fassung von Hector Berlioz (1762/74, 1859). Eurydice ist hier eine selbstbewusste Persönlichkeit, die von ihrem Mann fordert, sie anzusehen, was Jupiter ihm verboten hat. Die Geschichte nach der antiken Sage um Orpheus, der um seine verstorbene Gattin Eurydice trauert, die er mit Hilfe von Amor aus der Unterwelt ins Leben zurückholen will, wurde in dieser Regiearbeit mit einfachsten Mitteln und Liebe zum Detail präsentiert.
Nahezu ideal besetzt waren die drei Hauptrollen. Katerina Hebelkova überzeugte in ihrer Hosenrolle, rührte an als Orphee, agierte voller Spielfreude mit souveräner Stimmführung, kraftvoll und mit warmem Timbre. Anja Metzger interpretierte ihren Part der Eurydice komplementär ebenso großartig, dazwischen Mareke Freudenberg, changierend, darstellerisch fassettenreich und sängerisch geschmeidig als L’Amour. „Es geht mehr um Liebe als um Tod“, sagt die Regisseurin. Und so gab es viel davon zu sehen, feinsinnig, menschlich, Tiefen auslotend, emotional packend, dennoch schwerelos.
Einen besonderen Kulminationspunkt bildete der Einspielfilm von Andreas J. Etter im weißen Bühnenraum, in dem Orphee und Eurydice in betörender reiner Liebe in der Unterwelt umeinander kreisen, rückwärts eingespult. Sogar diese kurze Filmsequenz von berückender Ausdruckskraft, die eventuell in einem Kurzfilmfestival Lorbeeren ernten könnte, brachte die Zuschauer zu einem spontanen Zwischenapplaus – zu Recht.
Der Chor (Leitung: Thomas Bönisch) sang und spielte ebenfalls in Bestform, das alles in der geschmackvoll und stilsicher einfach gestalteten Bühne (Nicole Pleuler, auch Kostüme).
Ach ja, da gab es ja noch die wunderschöne Musik, die der Dirigent Olaf Storbeck leider zu bieder, fast schulmeisterlich darbrachte. Da fehlte der Schmelz, da wackelte doch manche Nuance der Partitur, da kam die Schönheit von Glucks Komposition nicht voll zur Blüte. Sehr schade. Das hatte nur den Vorteil, dass man daran erneut erkennen konnte, dass dieses Werk doch wesentlich schwerer auszuführen ist als es auf den ersten Blick scheinen mag. Die Sängerdarsteller schafften jedoch den Spagat, überwanden die Widrigkeiten – und letztlich beeinträchtigten die musikalischen Probleme am Dirigentenpult den Gesamteindruck glücklicherweise in keiner Weise. (gh)
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