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Rodolfo ist der Kranke
Tr�ume sind Sch�ume - Hirngespinste, luxuri�se Luftschl�sser, voller Abgr�nde
und M�glichkeiten. Kein Wunder, dass die Traumvision als Konzept der totalen
k�nstlerischen Freiheit auf der Opernb�hne st�ndig wiederkehrt. Spannend
in ihren M�glichkeiten bietet sie aber auch die Rechtfertigung f�r allerlei
Unsinnigkeiten. Der Traum als einzige psychologische und intellektuelle
Rechtfertigung des Geschehens ist eine gef�hrliche Unterforderung der
Vorstellungskraft der Zuschauer.
In Regensburg ist es Regisseur Joachim Rathke, der Puccinis "La Boh�me"
als Traumvision des suizidgef�hrdeten Rodolfo imaginiert. Absinth, so
hei�t die Seuche, die im 19. Jahrhundert die Pariser Boh�me infizierte,
und der auch Rodolfo erliegt. So kommt es, dass er der Kranke, Mimi aber
die Starke und Gesunde ist. Ihre Krankheit bleibt bis kurz vor Schluss
ein Mysterium. Die erste Begegnung wird konsequenterweise von Mimi geleitet,
die Rodolfo mit Kalk�l und Raffinesse zu verf�hren wei�. Ein Rollentausch
mit enormem szenischen Potential, das Rathke verschenkt. Wo der Absinth
alles Denken benebelt, stellen sich keine Fragen nach weiteren Motivationen
der Protagonisten. Es bleibt bei einer Millieustudie der Pariser Boh�me
des letzten Jahrhunderts.
B�hne und Kost�me (Dorin Knoll) leisten in ihrer billig wirkenden Beliebigkeit
einen entscheidenden Beitrag zum Rauschzustand. Maskeraden, die an Satie
und Verlaine erinnern, konkurrieren mit aufgedonnerten Flittchen und Abendkleidern
der 1980er Jahre. Ein gewaltiger Kamin dient als Eingang zur K�nstlerbude,
zum Jahrmarkt und dem Lokal L'Enfer.
Katharina E. Leitgeb l�sst mit dramatischer, kraftvoller Stimme keinen
Zweifel an der inszenierten robusten Natur Mimis. Obwohl man die leicht
angesetzten H�hen vermisst, ist ihre Vorstellung �berzeugend. Neben Ilonka
V�ckel als durchtriebener Musetta mit jugendlich schlanker und beweglicher
Stimme, kann sich auch Jin-Ho Yoo (Marcello) spielerisch und stimmlich
sch�n behaupten. Michael Suttner gibt einen steifen Rodolfo, dem Mimi
fremd bleibt. Er stemmt die Partie stimmverschwendend und ohne auff�llige
dynamische Differenzierungen.
Bereits an der "Loreley" von Catalani geschult, konnte Guido Johannes
Rumstadt sein Orchester zu einem satten, blechbl�serlastigen, veristischen
Klangrausch aufstacheln, der gelegentlich das B�hnengeschehen unh�rbar
machte.
Beifall f�r alle. Lag vielleicht an den hei�en Tagen, dass er anfangs
etwas spr�de daherkam. (tv) |
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