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Drastisch-psychoanalytisch geht Hans
Neuenfels den "Giovanni" an: aggressiv-brutal ist der "Frauenheld", raffiniert-verf�hrerisch
agiert der "Bel Ami", Angst zeigt der verzagende Macho durchaus - aber
auf der Stuttgarter B�hne ist er im wesentlichen eine Projektion der W�nsche
und �ngste der �brigen Protagonisten. Neuenfels betont K�rperlichkeit
und spielt mit den theatralen Mitteln - aber � la long ger�t das alles
zur Bebilderung psychoanlaytischer Thesen.
Reinhard von der Thannen versetzt die Szene in eine Stierkampfarena mit
stimulierenden Accessoires, provoziert so die Atmosph�re dampfender Sexualit�t
und gibt Gelegenheit zu atremraubenden erotischen Wirrungen.
Doch die Produktion gewinnt ihre exzeptionelle Dimension durch Lothar
Zagroseks musikalische Umsetzung mit dem hinrei�enden Staatsorchester
Stuttgart: Vom ersten Donnerschlag der Ouvert�re, �ber eine �berw�ltigende
Farbigkeit der verst�renden Personen-Charakteristiken bis zur genial-karikierenden
Schlusspassage fasziniert die lustvoll-h�rbare Suche nach der musikalisch-vermittelten
"Wahrheit" in der Partitur!
Diese Ambivalenz des "Amoklaufs" (Neuenfels) wird durch sensationell agierende,
interpretierende, intonierende und phrasierende Solisten atemraubend hinrei�ende
B�hnenrealit�t. Rudolf Rosens Giovanni besticht durch Geschmeidigkeit
in Darstellung und Stimme; Hernan Itturalde verleiht dem Leporello mehr
als g�ngiges Adlatus-Profil - schleimig-selbstbewusst, erotisch aktiv,
souver�n in der stimmlichen Vermittlung; Norman Shankles Ottavio wird
zum zweifelnden Gegenbild Giovannis mit ungemein ausdrucksvollem Tenor,
ohne lyrische Larmoyanz; Peter Kailinger singt den looser Masetto mit
voller Hingabe. Und dann die Frauen! Eva-Maria Westbroeks Anna r�hrt mit
weichem Sopran, vermittelt aber auch kraftvollen Willen zum Kampf; die
Elvira - gespalten in Rache und Hingebung - von Martina Serafin ist ein
absolutes highlight, sie beherrscht die B�hne, enthusiasmiert mit gl�nzenden
Koloraturen das Publikum; und schlie�lich die Zerlina: Helga Ros Indridadottirs:
gar nicht "niedlich", als von Giovanni gesch�ndete Frau eine tragische
Figur, erbarmend gezeichnet, zwischen Lieblichkeit und Leid stimmlich
pr�sent. Attila Juns schlie�lich besticht durch sonoren Bass, elektro-akustische
Verst�rkungen sind �berfl�ssig.
Die opernhaft-festlich gestimmten Besucher der Stuttgarter Oper wissen
um das Renommee ihres Hauses; f�r die meisten steht ein gesellschaftliches
Ereignis an. Eine leidenschaftliche Auseinandersetzung mit Regiekonzept,
musikalischer Innovation, konstruierendem B�hnenbild und irritierenden
Rollenportr�ts war in den Pausengespr�chen nicht zu h�ren. Ob allerdings
diese au�engesteuerte Akzeptanz Wirkungen in die schw�bische Region hat,
bleibt offen. Schade auch, dass das Konzeptionsgespr�ch des Produktionsteams
im �berfrachteten Programmheft zumeist in blumig r�tselhaften Formulierungen
stecken bleibt und sich der konkreten Nachfrage verweigert. (frs) |
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