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Fakten zur Aufführung 

DAS M�DCHEN MIT DEN SCHWEFELH�LZERN
(Helmut Lachenmann)
12. Oktober 2001 (Premiere)


Staatsoper Stuttgart


"MUSIK MIT BILDERN"

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Helmut Lachenmann wagt mit seiner "Musik mit Bildern" den Schritt in eine v�llig neue Form des Musiktheaters. Bei der imaginativen Umsetzung des bekannten emotional anr�h-renden M�rchens von Andersen geht es musikalisch nicht um die blo�e Adaption neuer For-men musikalischen Ausdrucks wie R�ckgriffe auf serielle Trends, auf Variationen der Aktualit�t oder aktualisierende Verfremdungen historischer Formen wie etwa der Sp�tromantik - Lachenmann entfaltet alternative Kommunikationsm�glichkeiten im Zusammenspiel von Kl�ngen und Ger�uschen mittels unkonventionell genutzter "klassischer" Instrumente und nach musikalischen Regeln eingesetzter Ger�usche mittels Styroporplatten, H�ndereiben usw. Verzichtet wird somit auf die "Rezeptionshilfen" von traditionell vermittelten Melodien oder Motiven; verzichtet wird aber vor allem auf die Sprache: Der Text des M�rchens sowie ein Zitat Gudrun Ensslins und eine Passage Leonardo da Vincis wird in Wortfetzen, artifiziert "gesungen", gehaucht, gesprochen als Ger�usch wahrgenommen - "Musik" und "Bilder" werden nicht sprachlich aufgehoben und in einen rezipierbaren Zu-sammenhang gebracht.
Das Publikum hat die Chance, seine je eigene Geschichte mit Hilfe des Vorgegebenen zu assoziieren! Das gelingt auf der B�hne und mit Hilfe der imaginativen Regie Peter Mussbachs ganz vor-trefflich: wesentliches Ausdrucksmittel sind suggestive Bilder, hervortretend aus einer schwarzen B�hnenwand - das M�dchen in Bewegungen erstarrt, mit verloren leuchtendem Schwefelholz in schneebedeckter Einsamkeit, dazu Projektionen und Farbeffekte. Lachenmanns Intention, Formen der Gewalt erlebbar zu machen und die Dimension der Vereinsamung zu �berh�hen, gelingt auf eindringliche Weise. Allerdings wendet sich Lachenmanns Absage an die Sentimentalit�t des M�rchens ("...um nachher zu Kaffee und Kuchen �berzu-gehen...") eher zu pseudo-reflektierender Distanz: das "M�dchen mit der Stra�enzeitung" vor dem Opernhaus verkauft an dem Abend drei Exemplare! Soviel zum Publikum und seine "Betroffenheit".
Musikalisch hatte Lothar Zagrosek - der Dirigent der Hamburger Urauff�hrung 1997 - ein weites Feld zu bestellen: sind Teile des Chors (Leitung Michael Alber) und des Orchesters doch �ber mehrere Ebenen des Zuschauerraums verteilt! Er erzielt mit der Vielfalt der Klangm�glichkeiten eine enorme kommunikative Kraft und l�sst die subtilen Einf�lle La-chenmanns als eisige K�lte mit Fallen des Schnees, des absterbenden Herzschlags expressiv zusammenklingen. Lachenmanns Werk zeigt die M�glichkeiten musikalischer Kommunikation im Zusammenspiel mit szenischen Mitteln, neue Wirklichkeiten konstruierend mit einem ungeahnten H�chstma� an klanglichen Effekten - faszinierend, aber offenbar (s.o.) ohne mittelfristig emotionale �nderungen zu bewirken. An der fehlenden "Sentimentalit�t" kann es nicht gele-gen haben - Bilder und Kl�nge eisiger Einsamkeit gehen schon zu Herzen - vielleicht aber am �berm��igen Verbrauch von Rezeptionsenergien angesichts der ungewohnten Herausforderungen? (frs)